Sterbehilfe

Duldung oder Verbot - wie entscheidet sich der Bundestag?

Berlin - 06.11.2015, 07:30 Uhr

Bundestag: Alle vier Gesetzentwürfe zielen auf ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe ab. (Bild: Robert Kneschke / Fotolia)

Bundestag: Alle vier Gesetzentwürfe zielen auf ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe ab. (Bild: Robert Kneschke / Fotolia)


Am Freitag entscheidet der Bundestag über ein Sterbehilfegesetz. Auf der Tagesordnung stehen vier Entwürfe und ein Antrag. Es wird ohne Fraktionszwang abgestimmt – wie es ausgeht, ist noch nicht abzusehen.

Strafrecht verschärfen oder alles so belassen wie bisher? Auf diese Alternativen wird Abstimmung im Bundestag zur Neuregelung der Sterbehilfe hinauszulaufen. 135 Minuten sind für die die mit Spannung erwartete Debatte vorgesehen. Beginn ist um 9 Uhr. 

Dem Parlament liegen schon seit Längerem vier Gesetzesinitiativen vor, die im Grunde alle auf ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe abzielen. Umstritten ist allerdings, wie dabei das Selbstbestimmungsrecht der Patienten am Ende ihres Lebens gesichert und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient geschützt werden können.

Erst diese Woche kam ein weiterer Antrag (18/6546) hinzu, der eine kurze Botschaft hat: „Neue Straftatbestände im Hinblick auf die Beihilfe zur Selbsttötung sind nicht erforderlich“.

Neuer Tatbestand im Strafgesetzbuch

Die Frage ist, ob der bisher aussichtsreichste Entwurf einer fraktionsübergreifenden Parlamentariergruppe um Michael Brand (CDU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Linke) und Harald Terpe (Grüne) durchkommt (18/5373). Dieser will die geschäftsmäßige Förderung der Sterbehilfe unter Strafe stellen. Dazu soll ein neuer Straftatbestand im Strafgesetzbuch geschaffen werden. Es drohen bis zu drei Jahre Haft. Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen, die sich nicht geschäftsmäßig an der Tat beteiligen, werden von der Strafandrohung ausgenommen werden. Ansonsten sollen die bisherigen Regelungen gelten.

Der Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Renate Künast (Grüne), Petra Sitte (Linke) und Kai Gehring (Die Grüne) sieht hingegen vor, gesetzlich zu normieren, dass Hilfe zur Selbsttötung nicht strafbar ist (18/5375). Das beschreibt zwar nur die derzeitige Rechtslage – aber sie beseitigt Rechtsunsicherheiten in der Bevölkerung sowie bei Ärzten, argumentieren die Antragsteller. Auch hier wird die gewerbsmäßige Hilfe zur Selbsttötung unter Strafe verboten.

Assistierte Selbsttötung: ja oder nein?

Zudem gibt es einen Entwurf der Gruppe um Peter Hintze (CDU), Carola Reimann, Karl Lauterbach und Burkhard Lischka (alle SPD) (18/5374). Dieser setzt sich für die Möglichkeit einer ärztlich assistierten Selbsttötung ein.

Eine weitere Gruppe um die Abgeordneten Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger, Peter Beyer und Hubert Hüppe (alle CDU/CSU) haben einen Entwurf „über die Strafbarkeit der Teilnahme an einer Selbsttötung“ eingebracht (18/5376). Sie wollen neben der aktiven Sterbehilfe außerdem die assistierte Suizidbeihilfe verbieten, alle anderen Formen des Begleitens in den Tod aber stärken.

Das Abstimmungsprozedere

Die Abstimmung ist offen, die Parlamentarier nicht an den Fraktionszwang gebunden. Sie läuft im Prinzip folgendermaßen ab: Zunächst wird über alle Gesetzentwürfe abgestimmt. In der zweiten Runde wird dann nur noch über die beiden Entwürfe mit den meisten Stimmen entschieden.

Der Antrag, der sich hier durchsetzen kann, muss dann aber noch in eine dritte Runde. Dort braucht er die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Gibt es mehr Nein- als Ja-Stimmen zu dem Entwurf bleibt alles beim Alten. Enthaltungen zählen nicht.

Die beiden Abgeordnetengruppen um Hintze  und Künast wollen sich spätestens in der dritten Runde zusammentun, um möglichst viele Nein-Stimmen zu bekommen. Unterstützung erhalten sie dabei indirekt von einer Gruppe um die ehemalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), um Katja Keul (Grüne) und den Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Edgar Franke (SPD). Sie sehen bei allen vier Entwürfen verfassungsrechtliche Mängel und forderten die Abgeordneten auf, viermal mit Nein zu stimmen.

Der Brand/Griese-Entwurf könnte in der dritten Runde mit der Zustimmung von um die 300 der insgesamt 630 Abgeordneten rechnen. Hintze und Künast hoffen, genügend Nein-Stimmen zu bekommen.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.