Ökonom fordert Reform nach griechischem Vorbild

Bittere Pillen für deutsche Apotheker?

Traunstein - 24.07.2015, 13:25 Uhr

Die richtige Umgebung für Arzneimittel? Warum nicht, findet der Gesundheitsökonom Christian Hagist. (Foto: Fotolia - pio3)

Die richtige Umgebung für Arzneimittel? Warum nicht, findet der Gesundheitsökonom Christian Hagist. (Foto: Fotolia - pio3)


Obwohl sich derzeit kein ernst zu nehmender Politiker in Deutschland für eine Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbots einsetzen würde und auch der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD solchen Bestrebungen eine klare Absage erteilt, beflügeln die in Griechenland geplanten Reformen auf dem Arzneimittelsektor offenbar die Fantasien deutscher Gesundheitsökonomen.

So fordert Christian Hagist, Professor für Generationen-übergreifende Wirtschaftspolitik an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz, in einem Gastbeitrag für das Manager Magazin weitreichende „Liberalisierungen“ auf dem deutschen Apothekenmarkt. Die in Griechenland geplanten Maßnahmen – unter anderem der Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbots und der Verkauf von OTC-Arzneimitteln in Super- und Drogeriemärkten – klingen in den Ohren von Hagist „nach einem verfrühten Weihnachten für liberale Ökonomen“.

Das Vertrauen in die Klugheit und Sachkenntnis der Verbraucher erscheint dabei fast grenzenlos: So bräuchten rezeptfreie Medikamente „in einer Gesellschaft, welche zum überwiegenden Teil das Lesen und Schreiben beherrscht, keine über die Packungsbeilage hinaus gehende Beratung mehr“. Und natürlich könne man sich „mit einer Überdosis Paracetamol nahezu umbringen“ - das gelte aber auch für viele Sachen aus dem Baumarkt. Somit sei die Erlaubnis des Verkaufs solcher Präparate an Erwachsene in Super- und Drogeriemärkten keine gesellschaftliche Gefährdung, sondern schlicht „ein Abbau von Privilegien“.

Bemerkenswerterweise ist die Kostensenkung – und damit der eigentliche Grund für die geplanten Reformen in Griechenland – für Hagist nur von nachgeordneter Relevanz. Es sei richtig, dass „derartige Deregulierungen im Ausland nicht immer zu Kostensenkungen geführt haben“ – auch  „wenn der Teufel hier wie immer im Detail“ stecke. Ordnungsökonomen gehe es bei solchen Liberalisierungsbemühungen jedoch gar nicht in erster Linie um Kostensenkungen, sondern um eine „bessere Faktorallokation“ - die aber in den meisten, wenngleich nicht allen Fällen auch zu Kostensenkungen führen dürfte.

 Apothekern in beiden Ländern möge das wie eine bittere Pille vorkommen, aber, so Hagist wörtlich: „It is just what the doctor ordered.“ Wie groß das Risiko für den Patienten ist, dass sich durch die bittere Pille sein Zustand am Ende  verschlechtert oder er gar Opfer eines ärztlichen Kunstfehlers wird – darüber macht sich Professor Hagist offenbar lieber keine Gedanken.


Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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