Interview zum Medikationsplan

Spahn: Apotheker stärker einbinden

Berlin - 16.06.2015, 08:55 Uhr

CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn will die Apotehekr schon beim schriftlichen Medikationsplan dabei haben. (Foto: Laurence Chaperon)

CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn will die Apotehekr schon beim schriftlichen Medikationsplan dabei haben. (Foto: Laurence Chaperon)


Die Beteiligung der Apotheker bei der Einführung des schriftlichen Medikationsplanes wird im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum eHealth-Gesetz noch einmal überprüft werden. Dies kündigte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, im Interview mit DAZ.online an: „Die Apotheker müssen hier stärker eingebunden werden, das stimmt. Erfahrungsgemäß kommt kein Gesetz so aus dem Bundestag, wie es eingebracht wurde.“ Zurückhaltender antwortete Spahn allerdings auf Honorarfragen.

Falls Apotheker durch den Medikationsplan einen höheren Aufwand hätten, „der nicht mehr im Rahmen ihrer jetzigen Aufgaben liegt“, müsse man sich das in den Beratungen ansehen. Allerdings gebe es das Argument, dass der Medikationsplan dem Apotheker seine Beratung erleichtere und daher sogar der Aufwand abnehme. Spahn: „Daher gibt es hier noch Klärungsbedarf.“ Keine Hoffnungen machte Spahn hinsichtlich der ABDA-Forderung nach einer regelmäßigen Überprüfung des Fix-Honorars.

Lesen Sie hier das vollständige Interview:

DAZ.online: Herr Spahn, Sie fordern erhebliche Nachbesserung am eHealth-Gesetz. Was geht Ihnen alles nicht schnell genug?

Spahn: Die Digitalisierung ist doch längst in vollem Gange. Fitnessarmbänder, Hautarzt-Diagnosen per Handyfoto, Apps für Diabeteker oder der Chat mit dem Arzt per Smartphone. Da passiert gerade wahnsinnig viel, jeden Tag gibt es neue Angebote, übrigens auch von deutschen Start-Ups. Das regulierte Gesundheitswesen allerdings steckt in weiten Teilen noch im letzten Jahrhundert fest. Papierrezepte, der Arztbrief per Fax und nicht aufeinander abgestimmte Mehrfachdiagnosen, da wird noch kommuniziert wie 1980. Deswegen müssen wir bei der elektronischen Gesundheitskarte endlich den Turbo einlegen. Und sie muss so offen konzipiert sein, dass externe Angebote und Anwendungen aus dem Start-up-Bereich leicht andocken können. Dann hat sie die Chance zum echten Exportschlager. Denn klar ist: Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Weil es das Leben einfacher macht und wahrscheinlich auch gesünder.

DAZ.online: Der Medikationsplan soll zunächst in schriftlicher Form ins eHealth-Zeitalter starten. Ist das nicht ein Anachronismus? Warum lässt sich der Medikationsplan nicht – nach immerhin zehn Jahren Vorbereitung – wie die Notfalldaten gleich digital auf die eGK auftragen?

Spahn: Es stimmt, der Kabinettentwurf sieht einen schriftlichen Medikationsplan vor, das ist für das Jahr 2016 in der Tat erstmal schwer nachvollziehbar. Natürlich muss der digitale Medikationsplan das Ziel sein. Aber – und das verstehe ich auch in Teilen – das ist nur dann sinnvoll, wenn Sie eine funktionierende Infrastruktur haben. Dazu gehört, dass der Patient einfach auf seine Daten zugreifen kann. Den schriftlichen Medikationsplan können die Patienten in den Händen halten, das ist ein großer Vorteil. Wir werden uns diesen Punkt im parlamentarischen Verfahren sicher noch einmal anschauen. Wenn es eben geht, sollten wir hier gleich digital starten. Da erwarte ich mehr Ehrgeiz.

DAZ.online: Wann kommt der elektronische Arztbrief? Vom elektronischen Rezept ist noch gar nicht die Rede.

Spahn: In Deutschland haben wir hohe Anforderungen an den Datenschutz. Das kann ich insbesondere im Gesundheitsbereich auch verstehen. Informationen über Erkrankungen, Medikamente und Therapiepläne müssen im Eigentum des Patienten bleiben. Das geht ohne seine Zustimmung niemand anderen etwas an. Wenn die Telematik-Autobahn steht, das heißt schnell, sicher und vernetzt, dann haben wir exzellente Voraussetzungen für alle weiteren Anwendungen. Das fängt beim elektronischen Arztbrief an, geht über das elektronische Rezept bis hin zu allen weiteren denkbaren Anwendungen. Die Telematik muss am Ende schnittstellenoffen sein, das heißt auch andere Anbieter müssen Anwendungen für die Datenautobahn bauen können. Dann hat das System das Zeug zu einem echten Exportschlager.

DAZ.online: Die Apotheker spielen beim schriftlichen Medikationsplan nur eine Nebenrolle. Warum? Muss das nicht geändert werden?

Spahn: Die Apotheker müssen hier stärker eingebunden werden, das stimmt. Erfahrungsgemäß kommt kein Gesetz so aus dem Bundestag, wie es eingebracht wurde. Wir schauen mal, was geht.

DAZ.online: Ärzte sollen für den Medikationsplan ein Extra-Honorar erhalten, Apotheker nicht. Ist das gerecht?

Spahn: Hier stellt sich die Frage, was macht der Arzt im Rahmen des Medikationsplanes und was macht der Apotheker. Es ist jedoch zunächst der Arzt, der den Medikationsplan festlegt. Deswegen gibt es auch den Auftrag im Gesetzentwurf an den Bewertungsausschuss, sich über eine Vergütung Gedanken zu machen. Aber klar, wenn die Apotheker hier einen Aufwand haben, der nicht mehr im Rahmen ihrer jetzigen Aufgaben liegt und ein so viel höherer Aufwand entsteht, dass er über das Apothekenhonorar nicht mehr ausreichend vergütet wird, werden wir uns das im parlamentarischen Verfahren ansehen. Allerdings gibt es hier das Argument, dass der Medikationsplan dem Apotheker seine Beratung erleichtert und daher sogar der Aufwand abnimmt. Daher gibt es hier noch Klärungsbedarf.

DAZ.online: Die Apotheker waren zuversichtlich bis sicher, im GKV-VSG eine regelmäßige Überprüfung des Apotheken-Fixhonorars verankern zu können. Wird das noch in einem späteres Arzneimittelgesetz nachgeholt? Und wie sieht es mit den Gebühren für BtM, Rezeptur etc. aus? 

Spahn: Die Überprüfung des Apotheken-Fixhonorars ist Aufgabe des Wirtschaftsministeriums, das bei Bedarf eine Anpassung vornimmt. Es gibt eben keinen grundsätzlichen Automatismus. Sie können aber sicher sein, dass wir die Honorarsituation der Apotheker im Blick haben und bei Bedarf anpassen. Wir sind ja im GKV-VSG auch dem ausdrücklichen Wunsch der Apotheker bezüglich des Apothekenabschlages gefolgt. Der wird zukünftig gesetzlich festgelegt.



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