Prüfauftrag für Regierung

Apotheker als Suizid-Präventologen?

Berlin - 12.06.2015, 12:15 Uhr

Suizid-Prävention: Könnten die Heilberufe mehr tun? (Foto: pathdoc/Fotolia)

Suizid-Prävention: Könnten die Heilberufe mehr tun? (Foto: pathdoc/Fotolia)


Die Germanwings-Flugzeug-Katastrophe hat das Thema Suizid verstärkt in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Nicht nur die Frage, ob die ärztliche Schweigepflicht für Angehörige sensibler Berufsgruppen gelockert werden sollte, wird diskutiert: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen etwa beschäftigt sich mit präventiven Überlegungen – wie können Menschen in Krisen besser unterstützt werden? Könnten die Gesundheits- und Sozialberufe mehr tun? Könnte die begrenzte Abgabe bestimmter Arzneimittel durch Apotheker suizidpräventiv wirken?

Im Jahr 2013 starben in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 10.076 Menschen durch Suizid und weit über 100.000 Menschen unternahmen einen Suizidversuch, konstatieren die Abgeordneten in einem Antrag, den sie im Bundestag eingebracht haben. Damit sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, AIDS, eine Überdosis illegaler Drogen und Gewalttaten zusammen. Dabei steigt sas Suizidrisiko mit zunehmendem Lebensalter. „Die hohe Zahl der Suizide und Suizidversuche in Deutschland offenbart den dringenden Bedarf an Unterstützung von Menschen in Notlagen.“

Suizidprävention vernachlässigt

Das Thema Suizid sei in Deutschland tabuisiert und mit vielen Vorurteilen behaftet, kritisieren die Abgeordneten weiter. Viele Menschen, die angesichts ihres Wunsches, sich selbst zu töten, Hilfe suchten, bekämen diese nicht oder nur schwer. Betroffene hätten häufig Angst vor Stigmatisierungen, Verlust sozialer Kontakte und Zwangsbehandlungen. Doch die Vorschläge des 2002 ins Leben gerufenen Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro) würden bis heute nicht ausreichend verwirklicht, obwohl das Bundesgesundheitsministerium daran mitwirke.

Die Grünen fordern daher von der Bundesregierung mehr Engagement. Beispielsweise soll sie eine Aufklärungskampagne starten, um die Bevölkerung über Suizidalität sowie Beratungsangebote und Therapiemöglichkeiten zu informieren. Suizidpräventive Beratungs- und Unterstützungsangebote sollen – möglichst multiprofessionell und an den individuellen Bedürfnissen der Menschen in Krisen orientiert – ausgebaut und personellen Lücken in der ambulanten Versorgung entgegengewirkt werden. Zudem soll ein Programm zur Forschung, systematischen Bewertung und (Weiter-)Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und Behandlungsangeboten aufgelegt werden.

Heilberufe stärker einbinden

Auch im Hinblick auf die Heilberufe sollte sich die Regierung aus Sicht der Grünen Gedanken machen: Sie soll bei den Bundesländern, Heilberufekammern und Ausbildungseinrichtungen darauf hinwirken, dass die Erkennung und Behandlung von Suizidalität in der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Gesundheits- und Sozialberufe stärker berücksichtigt werden sowie Beschäftigte, die vermehrt mit Menschen der Risikogruppen in Kontakt treten, für die Thematik sensibilisieren.

Außerdem könnte die Anzahl von „spontanen Suiziden“ verringert werden, meinen die Grünen, indem etwa der Zugang zu bestimmten Arzneimitteln weiter beschränkt wird. „Der Einsatz von Medikamenten ist die zweithäufigste Suizidmethode“, erklären die Abgeordneten. Bestimmte Schmerzmedikamente, Benzodiazepine und andere Sedativa sowie Psychopharmaka könnten bei einer Überdosis zum Tod führen. Daher sei zu prüfen, ob beschränkte Packungsgrößen bzw. die begrenzte Abgabe von Arzneimitteln durch Apotheker suizidpräventiv wirken und entsprechende gesetzliche Änderungen sinnvoll wären.


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