Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

17.05.2015, 08:00 Uhr


Nix gibt’s. Absage von der Groko an die Apothekers: keine jährliche Überprüfung des Apothekerhonorars. Und noch mal nix: die Importquote wird nicht abgeschafft. Ist doch irgendwie richtig verlässlich, die Politik, oder? Mein liebes Tagebuch, stell dir vor, wir hätten die Zusage bekommen, dass unser Honorar jährlich überprüft würde – nicht auszudenken. Vor Schreck hätten wir fast vergessen, dass auch die BtM-Gebühr und die Rezepturpreise erhöht werden müssten. Und dass wir uns gegen Nullretaxationen wehren müssen.

11. Mai 2015 

Jetzt ist sie doch gestorben, die Hoffnung, die immer zuletzt stirbt. Die von uns Apothekers geforderte jährliche Überprüfung unseres Honorars steht nicht auf der Tagesordnung zum anstehenden Versorgungsstärkungsgesetz (VSG).  Fritz Becker hatte sich auf dem Wirtschaftsforum noch zuversichtlich gezeigt, dass die ABDA-Forderung im laufenden Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden könnte. Und jetzt: Selbst der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn geht nicht mehr davon aus, dass dieser Punkt noch ins VSG aufgenommen wird. Dabei hat die ABDA so darauf gesetzt! Hat sogar ihre Forderung nach einer Erhöhung der BtM-Gebühr und der Rezepturpreise aufs Jahresende verschoben – und dann das. Ganz zu schweigen davon, dass wir uns auf die Festschreibung des Kassenabschlags auf 1,77 Euro eingelassen haben, was doch zwangsläufig eine jährliche Überprüfung des Apothekerhonorars nach sich ziehen sollte. Jetzt sind nur wir Apothekers wieder mal über den Tisch gezogen. Mein liebes Tagebuch, was soll das? Noch nicht einmal für die jährliche Überprüfung  der Honorare reicht das Zugeständnis der Politiker. Für die Politik sind wir in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Apotheker? Ach, Apotheker, das sind doch die Statisten am Rande des Gesundheitswesens...


Aber die Ärzte! Ja, die Ärzte – ihnen kommt Gesundheitsminister Gröhe und die Große Koalition entgegen.  Geplant war z. B., die Kassenärztlichen Vereinigungen zu verpflichten, frei werdende Arztpraxen in überversorgten Regionen aufzukaufen.  Dieses Vorhaben gefiel den Ärzten nicht,  sie poltern kurz los und Gröhe rudert sofort zurück: Freiwerdende Arztpraxen können weiterhin wie bisher nur vom Inhaber verkauft werden. So geht Politik.


12. Mai 2015

Gut so: Auch die Apothekengewerkschaft Adexa appelliert in einem Brief an den Bundesgesundheitsminister, den Apotheker stärker in das geplante eHealth-Gesetz einzubeziehen. Mit diesem Gesetz soll der Patient Anspruch auf einen Medikationsplan vom Arzt erhalten. Wie bereits die ABDA fordert nun auch Adexa, dass der Apotheker einen Medikationsplan initiieren darf, zumal nur der Apotheker den Überblick über die in der Selbstmedikation erworbenen OTC-Arzneimittel habe und die gehörten mit in den Medikationsplan. Gerade beim Medikationsplan müssten beide, Apotheker und Arzt, eng zusammenarbeiten, so Adexa.  Ja, genau, mein liebes Tagebuch, zudem gibt es keinen Grund, den Apotheker außen vor zu lassen, es sei denn, man glaubt, ihn im Gesundheitswesen nicht mehr zu brauchen.

 

Nach der Quasi-Absage, sich nicht um eine jährliche Überprüfung des  Apothekenhonorars kümmern zu wollen, kommt ein weiterer Apotheker-Dämpfer aus der Politik: Der Bundesrat hält es nicht für notwendig, an der Importquote für Arzneimittel zu rütteln. Obwohl bereits einige Politiker die Importe für anachronistisch hielten und selbst Krankenkassen-Funktionäre auf eine Importquote verzichten könnten, lehnten die Bundesländer ab, die Importquote zu streichen. Mein liebes Tagebuch, unglaublich, wie hartnäckig Politiker an obsoleten Bürokratiemonstern und Arzneimittelsicherheitsrisiken wie den Importen festhalten. Man wird da weiter dran bleiben und Überzeugungsarbeit leisten müssen: Denn Importe passen nicht mehr in die Zeit, sie sind ein Einfallstor für Fälschungen.

13. Mai 2015

Er darf weitere vier Jahre Präsident der Berliner Apothekerkammer sein: Dr. Christian Belgardt. Seinem Programm, das er zum Amtsantritt verkündete, kann man zustimmen. Die Apothekerschaft sei gefordert, den Nachweis zu erbringen, dass sie gesellschaftlichen Nutzen stiftet. Rezeptur- und Beratungsqualität müssten gehalten und verbessert werden. Eine Zukunftsaufgabe sei außerdem die Gewinnung von Berufsnachwuchs. Und das Medikationsmanagement ist der „Schlüssel für die Zukunft, da müssen wir ran“. Also, Ärmel hochkrempeln und ran, Herr Belgardt, viel Erfolg für die nächsten vier Jahre.

 

Da hat er gute Arbeit geleistet, der Landesapothekerverband Baden-Württemberg. Er prüfte über 9200 von den Kassen beanstandete Rezepte wegen Retaxationen, fasste sie zu rund 4800 Retaxationsvorgängen zusammen und holte zwei Drittel der von den Kassen verlangten Retaxationsbeiträge zurück: Durch Einspruchsverfahren konnten die baden-württembergischen Apotheken von den geforderten 680.000 Euro rund 420.000 Euro zurückholen. Dennoch, mein liebes Tagebuch, unterm Strich bleibt die Retaxationswut der Kassen ein perverser Wahnsinn, der Arbeitskraft und Zeit kostet und, wie LAV-Geschäftsführerin Hofferberth anmerkte, die Kassen mehr kostet als sie mit diesem Kontrollinstrument einsparen.

15. Mai 2015

Und sie hofft weiter, unsere ABDA. Nachdem die Große Koalition der ABDA-Forderung, das Apothekenhonorar regelmäßig zu überprüfen, eine  Absage erteilt hat, konzentriert sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) auf die mutmaßlich nächste Chance. Im Herbst soll eine Änderung des Arzneimittelgesetzes auf den Weg gebracht werden – dort soll dann die Honorarforderung erneut gestellt werden. Mein liebes Tagebuch, und dann muss, wie vom DAV angekündigt, in dieses Änderungsgesetz zusätzlich zur Forderung nach jährlicher Honorarüberprüfung auch die längst überfällige Erhöhung der BtM-Gebühr und der Rezepturpreise gepackt werden. Wie groß werden dann wohl die Chancen, dass sich da was tut? Mein liebes Tagebuch, Du weißt ja, dass man nicht unken und immer positiv denken soll. Aber, na ja, irgendwie, du weißt schon, kann man an den großen Durchbruch im Herbst nicht so recht glauben. Da sind dann wieder mindestens drei Bälle der Apotheker in der Luft, was mit Sicherheit so manche Unions- und andere Politiker für maßlos halten – und überhaupt, ach Gott ja, werden Politiker herablassend denken, die Apothekers, ständig fordern sie mehr Geld, man kann’s schon nicht mehr hören. Und dann wollen sie noch Extra-Honorare für Medikationspläne und -management und wollen ins Präventionsgesetz und Honorare für Impf- und Diabetes-Checks. Ja, mein liebes Tagebuch, das wollen wir. Und unsere Arbeit ist ein gutes Honorar wert. Und wenn das nicht anerkannt wird, gibt es auch bei uns mal Streik. Basta. Die Kitabahnpostpiloten wissen, wie geht’s. 

 

Oder hofft die Politik insgeheim, dass Apotheken statt Honorarerhöhungen Alternativen suchen? In Oberitalien beispielsweise verkaufen Apotheken (in einem Nebenraum) Brot- und Backwaren – gluten- und lactosefrei, für Zöliakiepatienten. Und in Deutschland? Da wird aus einer Apotheke schon mal ein Modesalon „Wilde Zeiten“. Mein liebes Tagebuch, in der Tat, wir haben sie, die wilden Zeiten.

Wenn nicht’s mehr geht, dann wird aus einer Apotheke schon mal ein Modesalon „wildezeiten“; entdeckt in der Bonner Altstadt.
(Foto: Kirsten Sucker-Sket)


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