SPD hat Beratungsbedarf

PiDaNa: Vierter Antrag in Ausschuss verwiesen

Berlin - 26.09.2014, 09:12 Uhr


Die Mehrheit der Koalitionsfraktionen hat gestern den vierten Antrag der Opposition zur „Pille danach“ in den Gesundheitsausschuss verwiesen. Die SPD machte eigenen Beratungsbedarf im Hinblick auf die Entlassung des Wirkstoffs Levonorgestrel aus der Rezeptpflicht geltend, was die Opposition scharf kritisierte. Die Linke hatte einen alten Antrag kurzfristig neu eingebracht, weil es im Gesundheitsausschuss keine Beschlussempfehlung zu den vorliegenden drei Anträgen gegeben hatte.

Nach Auffassung von Linken und Grünen gibt es keinen Grund dafür, die LNG-Freigabe zu verweigern. Gesundheitsexpertinnen der Opposition warfen der SPD laut einer Mitteilung des Bundestags vor, in einem „Koalitionsgefängnis“ zu stecken und nur deshalb nicht auch für die Freigabe zu votieren. Cornelia Möhring (Linke) verwies darauf, dass Apotheker ebenso wie Ärzte in der Lage seien, eine qualifizierte Beratung zu gewährleisten. Es gehe ganz praktisch um einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu einer Notfallverhütung – und um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Der SPD warf Möhring eine unerträgliche „Verhinderungstaktik“ vor.

Kordula Schulz-Asche (Grüne) ging den Koalitionspartner der Union scharf an und monierte, die Sozialdemokraten seien gefangen in der Koalitionsdisziplin. „Sie will zwar, aber sie kann nicht.“ Es sei ein „Trauerspiel“ zu sehen, wie die Union bei diesem Thema gegen die Mehrheit des Bundestages, des Bundesrates und gegen die Vernunft agiere. Die Union verweigere den Frauen den direkten, schnellen Weg zur Notfallverhütung – was möglicherweise auch mit Pharmainteressen zu tun habe, mutmaßte die Grünen-Politikerin in Anspielung auf die anstehende Entscheidung auf europäischer Ebene zur Freigabe des Wirkstoffs Ulipristalacetat.

Die Sozialdemokraten räumten zwar ein, aus medizinischer Sicht spreche nichts gegen eine Freigabe des Wirkstoffes LNG. Es lägen entsprechende behördliche Empfehlungen vor und in anderen Ländern sei das Mittel bereits frei verfügbar, bestätigte Mechthild Rawert. Sie verwahrte sich aber gegen den Eindruck, nur aus Koalitionsräson mit der Union eine Freigabe zu blockieren und betonte: „Wir sind keine Freigänger aus dem Koalitionsgefängnis, wir sind frei gewählte Abgeordnete.“ Die SPD sehe aber noch Beratungsbedarf, auch weil es um Kostenfragen gehe: Frauen sollten nicht mit Mehrkosten belastet werden. Sie plädierte für weitere „intensive“ Diskussionen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hilde Mattheis sagte, die Beratungszeit sollte ausgeschöpft werden, um zu überzeugen. Die SPD-Haltung sei eindeutig: „Wir wollen die Selbstbestimmung und die optimale Beratung für die Frauen.“

Emmi Zeulner (CSU) erinnerte an die in der Expertenanhörung genannten zahlreichen Argumente für die Rezeptpflicht. Es gebe eine gefährliche Unwissenheit über die Wirkung der Notfallverhütung. Zudem sei ein Vieraugengespräch mit einem Arzt im geschützten Raum nicht zu ersetzen – er müsse „die zentrale Beratungsfigur“ bleiben. Ihre Kollegin von der Schwesterpartei CSU, Karin Maag, gab zu bedenken, dass in vielen Fällen der Arzt erst einmal klären müsse, ob die Einnahme der Hormonpille überhaupt nötig sei. Das Argument eines möglichst schnellen Zugangs ließ sie nicht gelten – in Deutschland existiere flächendeckend ein ärztlicher Bereitschafts- und Notdienst. Insoweit sei die Versorgung jederzeit gewährleistet.


Juliane Ziegler