Regierungspläne abgelehnt

Ärzte gegen zentrale Terminvergabe

Berlin - 31.07.2014, 13:58 Uhr


Die Kassenärzte halten nichts von den Plänen der Bundesregierung, mit einer zentralen Terminvergabe gegen lange Wartezeiten in Arztpraxen vorzugehen. „Wir lehnen eine zentrale Lösung ab, da diese nicht nur die Arztfreiheit aufhebt, sondern auch dem Wunsch vieler Patienten entgegenläuft“, erklärte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Man müsse jedoch über neue Steuerungsmöglichkeiten nachdenken.

Das Gesundheitsministerium will an den Terminservicestellen festhalten. Die genaue Ausgestaltung sei noch offen, sagte eine Sprecherin. Es gehe grundsätzlich darum, die ärztliche Versorgung zu verbessern. Im Übrigen böten manche größere Krankenkassen den Patienten schon jetzt Hilfe bei Terminschwierigkeiten. Nach einer KBV-Studie unter 6087 Bürgern haben 36 Prozent der Versicherten von den geplanten Terminservicestellen gehört. Zwei Drittel fänden eine solche zentrale Vergabestelle gut, jedoch glaubten nur 30 Prozent, dass sich damit Wartezeiten verkürzen ließen.

„Immerhin 72 Prozent der Befragten sagen, dass sie nicht zu irgendeinem, sondern zu ihrem Wunscharzt möchten. Eine zentrale Terminservicestelle kann solche Wünsche jedoch nicht berücksichtigen“, argumentierte Gassen weiter. Der NAV-Virchow-Bund erklärte: „Die Politik sollte Abstand von den geplanten Terminservicestellen nehmen, da sich weder Ärzte noch Patienten davon eine Verkürzung von Wartezeiten, so sie denn bestehen, versprechen.“ Ihr Bundesvorsitzender Dirk Heinrich argumentierte, die aktuellen Wartezeiten schienen die Patienten weniger zu stören, würden aber von der Politik zu einem Problem hochstilisiert. 81 Prozent der befragten Versicherten empfänden die Wartezeiten als angemessen.

Die Barmer GEK sieht die Argumentation der Ärzte mit Skepsis und verlangt ein Ende der Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe. „Wir haben hier ein Problem, und die Ärztefunktionäre müssen es lösen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Christoph Straub. Die Ärztevertreter sollten ihre Skepsis gegenüber dem Vorhaben der Regierung aufgeben. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz betonte, insbesondere für Pflegebedürftige und Bewohner von Pflegeheimen müsse die zentrale Terminvergabe kommen. „Die Facharzt-Versorgung ist hier mangelhaft.“

Und auch der Deutsche Hausärzteverband widerspricht den Ausführungen von Gassen: „Das Problem der zu langen Wartezeiten bei Fachärzten ist schon seit Langem bekannt und wird sich in Zukunft weiter verschärfen“, betont Eberhard Mehl, Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Der Fehler liege dabei im System selbst. Mit der Hausarztzentrierten Versorgung biete der Verband aber eine funktionierende und praktikable Lösung an, um lange Wartezeiten zu vermeiden und das System spürbar zu entlasten.

Politische Gegenstimmen gibt es auch: Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sieht in den Termin-Servicestellen ebenfalls keine Lösung. „Sie sind bürokratisch und schränken die freie Arztwahl ein“, sagte sie. Solange sich für die Behandlung von Privatversicherten weitaus höhere Honorare erzielen ließen, werde sich an der Ungleichbehandlung auch nichts ändern. „Nur durch eine Bürgerversicherung wird die Benachteiligung von gesetzlich Versicherten beendet.“


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