Koalition gegen den Schmerz appeliert an G-BA

Keine Substitutionpflicht für starke Opioide

Berlin - 03.06.2014, 17:18 Uhr


Anlässlich des heutigen bundesweiten Aktionstags gegen den Schmerz haben Schmerzfachverbände und die Patientenorganisation Deutsche Schmerzliga gemeinsam ihre Forderung bekräftigt, Opioid-Analgetika von der Substitution auszunehmen. Der rein ökonomisch begründete Austausch dieser starken Schmerzmittel aufgrund bestehender Rabattverträge habe für die betroffenen Patienten gravierende Folgen und spare den Kassen nicht einmal Geld.

Begonnen hatte es mit der Petition von Dr. Marianne Koch – heute Ehrenpräsidentin der Deutschen Schmerzliga. Sie hatte es geschafft, dass sich der Petitionsausschuss des Bundestages vor zwei Jahren dem Thema annahm und dem Bundesgesundheitsministerium den Auftrag gab, sich weiter mit der Materie zu befassen. Die klare Botschaft: kein automatischer Austausch von Schmerzmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz.

Zwei Jahre später ist Brigitta Gibson, Vize-Präsidentin der Deutschen Schmerzgesellschaft, enttäuscht. Was so vielversprechend begann, wurde beständig aufgeschoben – bis heute ist für die betroffenen Patienten nichts erreicht. Nach erfolglosen Verhandlungen des Deutschen Apothekerverbands und des GKV-Spitzenverbands über eine Substitutionsausschlussliste liegt es nun am G-BA, eine solche zu erstellen. Eine erste Vorschlagsliste mit Wirkstoffen befindet sich derzeit im Stellungnahmeverfahren – Opioide sind hierauf nicht zu finden.

Für die Deutsche Schmerzgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin, die Schmerzliga und auch die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) ist dies nicht nachzuvollziehen. Schließlich dauert es lange – zuweilen Monate – bis ein Patient richtig auf ein starkes Analgetikum eingestellt ist. Findet dann ein Austausch statt, kann das Prozedere von vorn beginnen. Die Patienten bekommen wieder stärkere Schmerzen und leiden vermehrt unter Nebenwirkungen. Im Zweifel werden verordnete Arzneimittel gar nicht genommen und es müssen neue verordnet werden. Dr. Gerhard H.H. Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, ist überzeugt: Das kommt die Kassen teurer als der Rabattvertrag ihnen spart.

Die in der „Koalition gegen den Schmerz“ vereinten Organisationen erneuerten daher heute ihre Forderung, Opioide nicht mehr auszutauschen. Professor Dr. Henning Blume – Mitautor der Leitlinie zur Guten Substitutionspraxis der DPhG – machte deutlich, dass nicht nur einzelne Wirkstoffe, sondern auch Darreichungsformen beim Austausch problematisch sein können. Trotz gleichen Wirkstoffs können Medikamente eine ganz unterschiedliche Freisetzung haben – mit erheblichen Folgen für den Patienten. Dies habe der G-BA in seiner bisherigen Liste gar nicht berücksichtigt.

Müller-Schwefe betonte, dass es bei der Forderung nicht darum gehe, Originatoren zu schützen. Eine Umstellung sei stets problematisch – auch wenn ein gut auf ein Generikum eingestellter Patient auf ein Original umsteigen soll, weil seine Krankenkasse mit diesem Hersteller einen Rabattvertrag geschlossen hat. Er nahm auch Ärzte in Schutz, die das Aut-idem-Kreuz scheuten. Auch wenn es im Moment keine Regresse gebe – die Gefahr, dass sie wiederkommen, sei zu hoch.

Nun hoffen die Schmerz-Koalitionäre, dass der G-BA ihre Argumente hört. „Wir werden dem Unterausschuss Arzneimittel das Angebot machen, über unsere Ergebnisse zu sprechen“, sagte Blume. „Wir wollen ihn unterstützen.“ Das Interesse ist offenbar begrenzt. Nächste Woche hat die DPhG zu einem Expertentreffen geladen, um das Thema zu diskutieren. Geladen sind auch Vertreter des G-BA, der Krankenkassen und der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft – zugesagt hat keiner von ihnen.


Kirsten Sucker-Sket