Gesellschaft für Dermopharmazie

Kein Platz für galenische Innovationen

Berlin - 10.04.2014, 14:01 Uhr


Die Differenzierung zwischen Darreichungsformen wird im Sozialrecht vernachlässigt – dies war das Fazit eines Symposiums bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) am Mittwoch in Berlin. Thomas Müller, Leiter der Abteilung Arzneimittel beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), konstatierte, in der Politik sei offenbar der Eindruck entstanden, Darreichungsformen seien nicht so wichtig, dass man sich um sie kümmern müsste.

Zuvor hatte Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel, aufgezeigt, wie die Arzneiformen seit Jahrzehnten systematisch aus dem Blickwinkel des Sozialrechts geraten sind. Bereits die Festbeträge orientieren sich primär an Wirkstoffen, bei den Rabattverträgen können sogar ähnliche Darreichungsformen ausgetauscht werden und die frühe Nutzenbewertung wird nur durch neue Wirkstoffe und Anwendungsgebiete, aber nicht durch technologische Innovationen ausgelöst.

Müller bestätigte die Analyse, dass Aspekte der Galenik bei der Bewertung untergegangen seien. In der frühen Nutzenbewertung tauchen diese gar nicht mehr auf. Nach Einschätzung von Müller haben es Apotheker und Dermatologen in den zurückliegenden 15 Jahren nicht geschafft, die Meinungsbildner so zu erreichen, dass diese Aspekte bei der Gesetzgebung zur Kenntnis genommen werden. So wie die Gesetze sind, könne nun aber auch der G-BA kaum umsteuern. Müller beschrieb dies als Teil eines größeren Problems: „Es ist dramatisch, wie sehr die Apotheker unterschätzt haben, welche Rolle der G-BA in der GKV spielt“, so Müller.

Durch das jüngste SGB V-Änderungsgesetz habe sich dies sogar noch verschärft, weil das Preismoratorium auch bei noch so großen technologischen Innovationen keine Preisänderung gegenüber Produkten mit demselben Wirkstoff zulasse. Künftige Produktinnovationen, deren Vorarbeiten auf der GD-Jahrestagung präsentiert werden, würden es daher in der GKV schwer haben. Die Dermopharmazie werde im G-BA ausgeblendet, stellte Müller fest, doch meldete er auch Zweifel an, ob die topische Therapie in allen ihren Anwendungsgebieten noch zeitgemäß sei.

Mit Blick auf die künftige Arbeit zur Substitutionsausschlussliste riet Müller den Apothekern, früh den Kontakt zum G-BA zu suchen. Es sei eine Herausforderung, in den G-BA einzubringen, welche Wertigkeit dies habe. Beim Austausch von Darreichungsformen orientiere sich der G-BA üblicherweise an den standardisierten Bezeichnungen der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Da sei beispielsweise der Begriff der Cremes weit gestreut.


Dr. Thomas Müller-Bohn


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