Zankapfel „Pille danach“

Regierung bezieht (nicht wirklich) Stellung

Berlin - 24.03.2014, 08:13 Uhr


Wie es mit der Forderung des Bundesrats, die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus der Rezeptpflicht zu entlassen, weitergehen soll, hat die Bundesregierung noch nicht entschieden. Das weitere Vorgehen werde derzeit geprüft, erklärt die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Dabei macht die Europäische Kommission bereits Druck, es droht ein Klageverfahren vor dem EuGH.

Der Bundesrat beschloss letztes Jahr, der Verordnung zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Anerkennung von in anderen Mitgliedsstaaten ausgestellten Verordnungen nur dann zuzustimmen, wenn LNG-Notfallkontrazeptiva aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Doch das will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nicht umsetzen, weshalb die Regierung in Bedrängnis gerät: Die vorgegebene Umsetzungsfrist für die EU-Vorgaben sei im Oktober 2013 verstrichen, erklärt Fischbach. Die Europäische Kommission habe bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Als nächstes komme ein Klageverfahren vor dem EuGH in Betracht.

Die Abgeordneten wollten außerdem wissen, welche Kriterien nach Ansicht der Bundesregierung bei der Entscheidung über die Verschreibungspflicht herangezogen werden können. Alle in § 48 Arzneimittelgesetz genannten, antwortet Fischbach. Ob das betreffende Arzneimittel indikationsbezogen als Mittel erster Wahl angesehen wird, spielt ihrer Meinung nach keine Rolle: „Nach dem Arzneimittelgesetz sollen nur die mit dem einzelnen Wirkstoff verbundenen Risiken über die Einstufung zur Verkaufsabgrenzung entscheiden.“ Gefragt nach der Häufigkeit thromboembolischer Ereignisse verweist Fischbach auf einzelne Fälle: Seit 1998 seien zwei Fälle gemeldet worden, wobei ein kausaler Zusammenhang mit der LNG-Anwendung wegen der Begleitmedikation nicht wahrscheinlich sei.

Hinsichtlich der Beratung führt Fischbach aus: „Apotheker sind aufgrund ihrer pharmazeutischen Ausbildung in der Lage, Arzneimittel herzustellen, zu analysieren, bewerten und abzugeben.“ Als „Arzneimittelexperten“ seien sie vor allem mit der Wirkungsweise und dem Nebenwirkungsprofil unterschiedlichster Arzneimittel vertraut. Diese Ausbildung befähige sie „auch zu einer ihrer Qualifikation entsprechenden Beratung für eine sachgerechte und bestimmungsgemäße Anwendung von Arzneimitteln“. Ärzte erhielten in ihrer Ausbildung grundlegende Kenntnisse in Fächern, die für eine „umfassende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich sind“, aber auch spezielle Kenntnisse der Physiologie, gynäkologischen Endokrinologie, Reproduktionsmedizin und der Schwangerenbetreuung. Insoweit seien sie „im Allgemeinen aufgrund ihrer Ausbildung befähigt, Mädchen und Frauen in einer Notfallsituation umfassend zu beraten“.

Ob die Abgabe und Beratung zu LNG-haltigen Notfallkontrazeptiva im Rahmen des apothekerlichen Notdienstes ein Hindernis für die Rezeptfreiheit darstelle – und falls ja, welche Rückschlüsse sie in Bezug auf die Abgabe anderer Arzneimittel ziehe –, wollte Fischbach offenbar nicht direkt beantworten. Stattdessen betont sie, dass bei der in diesen Notfallsituationen erforderlichen Beratungsleistung die Sicherstellung der Vertraulichkeit – sowohl während der regulären Öffnungszeiten als auch während des Bereitschaftsdienstes an der „Apothekenklappe“ – gewährleistet werden müsse. Zudem verweist sie darauf, dass die Beratung zu LNG-haltigen Arzneimitteln „im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln intime Fragen zur persönlichen Lebensführung und zum Sexualverhalten“ beinhalte. „Insofern sind generelle Rückschlüsse bezüglich der Abgabe von anderen Arzneimitteln im Apothekennotdienst nicht möglich.“


Juliane Ziegler


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