Defektlisten von 430 Apotheken

Die Top-12 der Lieferengpässe

Berlin - 14.03.2014, 16:42 Uhr


Der stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands (HAV), Hans Rudolf Diefenbach, sieht die derzeitige Liefer- und Versorgungssituation mit einigen Arzneimitteln um einiges kritischer als die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Ingrid Fischbach (CDU). Die Auswertung seiner von 430 Apotheken gesammelten Defektlisten zeige „ein anderes Bild als es sich die Politik wünscht“, so Diefenbach.

Die nun ausgewerteten Listen betreffen den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 28. Februar 2014. Eine Menge Material, die Diefenbach sich genau zu Gemüte geführt hat. Die Bandbreite der Ausfälle reicht weit. So gab es etwa massive Lieferengpässe bei trizyklischen Antidepressiva (Amitryptilin), nichtopioiden (Diclofenac) wie auch Opioid-Analgetika (Tilidin), Hypnotika (Zopiclon,Zolpidem), Betablockern (Metoprolol,Bisoprolol) und der gesamten Schilddrüsenhormonpalette. Ebenso bei Osteoporosemitteln, oralen Antidiabetika (Metformin) und einer eine ganzen Reihe von Antibiotika (Cefixim, Cefuroxim, Ciprofloxacin, Aminoglykoside, Fosfomycin). Und das sind noch nicht alle Indikationen. Teilweise seien die Arzneimittel monatelang nicht lieferbar gewesen – bzw. sind es noch immer nicht. Bedenklich sei, so Diefenbach, dass auch Notfallmedikamente wie Solu Decortin  H 100 und 250 oder auch das gerade jetzt öfter benötigte Celestamine in flüssiger Form vielerorts nicht zu bekommen sei.

Der HAV-Vize nennt auch Namen. Besonders viele Ausfälle gebe es beispielsweise bei ABZ, Hexal, Merck. Die Top-12 der fehlenden Arzneimittel bei den 430 Apotheken, die Diefenbach mit Daten versorgten, waren:

1. Bisoprolol Ratio 5 mg: 265 Defekte
2. Pantoprazol Heumann 98, 100: 218 Defekte
3. Bisoprolol Ratio 10: 215 Defekte
4. L-Thyrox Hexal 50: 207 Defekte
5. L-Thyrox Hexal 100: 201 Defekte
6. Tevanate: 188 Defekte
7. Xipamid 20 Ratio: 154 Defekte
8. Jodthyrox Merck Serono: 142 Defekte
9. Metformin Axcount 1000 (nur 180er Packung): 139 Defekte
10. Vigantoletten 1000 Merck Serono (nur 100er Packung, jetzt durch 90er ersetzt): 134 Defekte
11. Doxycyclin 100 1A: 129 Defekte
12. Doxycyclin 200 Ratio: 124 Defekte

Die Frage der „Schuld“ an der Misere will Diefenbach mit seiner Auflistung nicht versuchen zu klären – die Interpretationsmöglichkeiten sind groß. In der Vergangenheit nannte er immer wieder die Rabattverträge als einen Hauptgrund. Aber man müsse sich auch fragen, wie es etwa um die Vorratshaltung bei den Großhändlern bestellt ist – auf sie verwiesen die pharmazeutische Unternehmen häufiger. Einige Grossisten erklärten jedoch ihrerseits, dass die Hersteller eine ihnen gegenüber eine rüde Preispolitik verfolgten und extrem schlechte Konditionen böten. Was auch immer die genauen Gründe sind. Fakt sei, dass Tausende Patienten nicht oder nicht ordnungsgemäß versorgt werden könnten. Die Apotheken wiederum müssten Widrigkeiten ausbaden, die die Politik mit ihren Rahmenbedingungen installiert habe. Zudem seien sie einer „unerträglichen Ruppigkeit der GKV ausgesetzt“, ohne dass sich eine Lösung abzeichne.

Von der ABDA-Öffentlichkeitsarbeit ist Diefenbach enttäuscht. Bislang scheine die ABDA „nur mager bis gar nicht“ in die Diskussion eingestiegen zu sein.  Der HAV werde daher nun Vorschläge machen, wie seine gesammelten Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und bewusst gemacht werden können.


Kirsten Sucker-Sket


Das könnte Sie auch interessieren

HAV-Vize wertet Defektlisten von 430 Apotheken aus

„Hitparade“ der Lieferengpässe

Schilddrüsen-Präparate werden knapp – Hersteller versprechen Besserung für November

HAV beklagt erneut Lieferengpässe

Diefenbach wertet Defektlisten aus

Dauerbrenner Engpässe

Substitutionsausschlussliste teilweise nicht erfüllbar

Alltagsproblem Lieferengpässe

Diefenbach wertet erneut Defektlisten aus

Dauerbrenner Lieferengpässe

Diefenbach: „Ignoranz schafft keine Abhilfe“

Engpässe gelistet

Diefenbachs Defektlisten-Auswertung

Engpässe bleiben akutes Problem