Online-Arztpraxen

Bayern pocht auf persönlichen Kontakt

Berlin - 10.09.2013, 15:51 Uhr


Ohne persönlichen Kontakt soll es in Deutschland nicht gehen: Ausländische Online-Praxen wie DrEd oder DrThom verzichten für das Ausstellen eines Rezeptes auf den direkten Kontakt zum Patienten. Auch hierzulande kann man die ausländischen Angebote nutzen. Doch das darf nicht sein, findet man in Bayern – und versucht daher, dafür zu sorgen, dass von entsprechenden Online-Arztpraxen ausgestellte Rezepte in Deutschland nicht anerkannt werden.

Fernbehandlungen sowie die damit verbundene Ausstellung von Online-Rezepten ohne Patientenkontakt sind hierzulande unzulässig, weil sie gegen das in Deutschland geltende ärztliche Berufsrecht verstoßen. Die Musterberufsordnung verbietet es in Deutschland tätigen Ärzten, individuelle ärztliche Behandlungen ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchzuführen – der direkte Kontakt ist Pflicht. Das Problem: Das deutsche Berufsrecht gilt nicht für Ärzte im Ausland. Ferndiagnosen durch Ärzte über das Internet und die damit verbundene Rezeptausstellung können daher in anderen Ländern zulässig sein.

Wenn in Deutschland ansässigen Patienten über das Internet Arzneimittel verschrieben und geliefert werden, führe das zu einer Kollision zwischen deutschem und ausländischem Recht, erklärte das Bundesgesundheitsministerium im Februar in einer schriftlichen Stellungnahme. Wenn Apotheker Bedenken hätten, etwa weil sie positive Kenntnis davon haben, dass die auch dem Schutz der Patienten dienenden Vorschriften des (deutschen) ärztlichen Berufsrechts bei der Verschreibung nicht eingehalten wurden, kann die Abgabe des Arzneimittels aus Sicht des Ministeriums nach § 17 Abs. 5 ApBetrO abgelehnt werden.

Eine neue Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums soll nun künftig die Anerkennung von in anderen EU-Mitgliedstaaten, EWR-Staaten und der Schweiz ausgestellten ärztlichen Verschreibungen regeln. Danach müssen ausländische Rezepte die Angaben nach § 2 Abs. 1 AMVV und somit ihre Authentizität verifizierende Angaben enthalten und von ärztlichen Personen stammen, die in ihrem Mitgliedstaat zur Ausübung ihres Berufes berechtigt sind. Grund für die neue Verordnung ist eine EU-Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, die bis zum 25. Oktober 2013 in nationales Recht umgesetzt werden muss.

Doch die bayerische Regierung sieht durch die ausländischen Geschäftsmodelle, die völlig auf den persönlichen Patientenkontakt verzichten, die Patientensicherheit gefährdet – etwa durch Fehldiagnosen. Der Freistaat hat daher im Bundesrat einen Antrag gestellt, in dem die Bundesregierung gebeten wird, im Zusammenhang mit der neuen Verordnung zu prüfen, wie über das Arzneimittel- bzw. Apothekenrecht geregelt werden könnte, dass Rezepte, die ohne persönlichen Patientenkontakt ausgestellt werden, hierzulande ausnahmsweise nicht anerkannt werden. Die EU-Richtlinie gestatte schließlich Einschränkungen „zum Schutz der menschlichen Gesundheit“, heißt es zur Begründung. Und aufgrund der mit reinen Fernbehandlungen verbundenen Gefahren sei eine solche bei Online-Rezepten erforderlich.

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Juliane Ziegler


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