DAZ-Interview

Bahr: Macht des GKV-Spitzenverbandes beschneiden

Berlin - 24.07.2013, 11:00 Uhr


Nach der Bundestagswahl will Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die Machtfülle des GKV-Spitzenverbandes beschneiden und Aufgaben wie Vertragsverhandlungen vom Dachverband der gesetzlichen Krankenkassen wieder auf die untergeordneten Kassenebenen verlagern: Er erlebe, „dass sich der GKV-Spitzenverband immer weiter von den Interessen der einzelnen Krankenkasse löst. Das darf nicht sein“, sagte Bahr im Interview mit der Deutschen Apotheker Zeitung. Er warf dem GKV-Spitzenverband vor, an den Interessen der Patienten vorbei Politik zu machen.

Der GKV-Spitzenverband müsse ein schlanker Verband sein, der nicht losgelöst von den Interessen der ihn tragenden Krankenkassen agieren dürfe, sagte Bahr. Der GKV-Spitzenverband habe viele Aufgaben. Bahr: „Wir müssen darüber nachdenken, ob dies so bleiben kann. Wir werden prüfen, ob nicht Aufgaben vom GKV-Spitzenverband wieder auf die einzelnen Kassen oder Kassenartenverbände übertragen werden können. Diese sind näher am Patienten.“

Das betreffe beispielsweise Vertragsverhandlungen. „Mein Eindruck ist: Der GKV-Spitzenverband wird immer größer und mächtiger und löst sich von den Interessen der Kassen. Damit rücken Versorgungsgesichtspunkte in den Hintergrund. Stattdessen wird Politik gemacht. Außerdem müssen die Interessen der einzelnen Kassen im Spitzenverband besser berücksichtigt werden“, so Bahr.

Der GKV-Spitzenverband solle sich auf die Aufgaben und Verhandlungen konzentrieren, die für alle Kassen notwendig seien. Es müsse nicht für jede Regelung eine für alle Krankenkassen einheitliche Lösung geben. Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen müsse in der nächsten Legislaturperiode weiter ausgebaut werden. Bahr: „Ich bin gegen jede Zentralisierung.“


Hier lesen Sie den Text-Auszug des DAZ-Interviews:

DAZ: Bei der Selbstverwaltung knirscht es ja sowieso. Jetzt klemmt es bei der Aut-Idem-Wirkstoffliste.

Bahr: Das ist ein klarer Auftrag an die Selbstverwaltung. Das muss erledigt werden. Hier geht es um die Arzneimittelsicherheit für die Patienten. Ich habe kein Verständnis, dass das so lange dauert.

DAZ: Die Frist endet am 1. August.

Bahr: Der Bundestag hat dazu ein klares Votum abgegeben. Es muss bei DAV und GKV-Spitzenverband erkennbar einen Willen zum Kompromiss geben und ich setze auf die Selbstverwaltung. Beim Kassenabschlag haben wir ja gesehen, dass das auch funktionieren kann. Hier hatte ich erstmals wieder den Eindruck, dass Partner gemeinsam verhandeln. Das kann ich ausdrücklich loben. Ohne Kompromissfähigkeit würde sich die Selbstverwaltung selbst infrage stellen.

DAZ: Wer ist denn bockiger: der DAV oder der GKV-Spitzenverband?

Bahr: Das will ich nicht beurteilen. Ich erlebe aber, dass sich der GKV-Spitzenverband immer weiter von den Interessen der einzelnen Krankenkasse löst. Das darf nicht sein. Da müssen wir in der nächsten Legislaturperiode ran. Der GKV-Spitzenverband muss ein schlanker Verband sein, der nicht losgelöst von den Interessen der ihn tragenden Krankenkassen agieren darf.

DAZ: Was bedeutet das konkret?

Bahr: Der GKV-Spitzenverband hat viele Aufgaben. Wir müssen darüber nachdenken, ob dies so bleiben kann. Wir werden prüfen, ob nicht Aufgaben vom GKV-Spitzenverband wieder auf die einzelnen Kassen oder Kassenartenverbände übertragen werden können. Diese sind näher am Patienten. Das betrifft beispielsweise Vertragsverhandlungen. Mein Eindruck ist: Der GKV-Spitzenverband wird immer größer und mächtiger und löst sich von den Interessen der Kassen. Damit rücken Versorgungsgesichtspunkte in den Hintergrund. Stattdessen wird Politik gemacht. Außerdem müssen die Interessen der einzelnen Kassen im Spitzenverband besser berücksichtigt werden.

DAZ: Sie wollen den GKV-Spitzenverband beschneiden?

Bahr: Der GKV-Spitzenverband soll sich auf die Aufgaben und Verhandlungen konzentrieren, die für alle Kassen notwendig sind. Es muss nicht für jede Regelung eine für alle Krankenkassen einheitliche Lösung geben. Es darf mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen geben. Den haben wir mit unseren Gesetzen bereits angeschoben. Das muss weiter ausgebaut werden. Ich bin gegen jede Zentralisierung.


Das vollständige Interview mit Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr lesen Sie in der aktuellen DAZ Nr. 30.


Lothar Klein