Kammerbeitrag

„Wir haben Umsatzbereiche, in denen wir keinen Gewinn erwirtschaften“

Stuttgart/Gilching - 16.04.2013, 12:39 Uhr


Der Antrag, den Beitrag zur Landesapothekerkammer in Bayern zukünftig vom Apotheken-Ertrag statt vom Umsatz zu berechnen, hat zu vielen Diskussionen geführt. Im Interview mit DAZ.online erläutert Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) und einer der Antragssteller, die Gründe für den Antrag und die Reaktionen darauf.

DAZ.online: Herr Hartmann, Ihr Vorschlag, den Kammerbeitrag in Zukunft vom Ertrag statt vom Umsatz zu errechnen, hat Wellen geschlagen. Was waren die Gründe für Ihren Antrag?

Hartmann: Vom Grundsatz her ist es ja so, dass die Veränderung der Apothekenlandschaft und der politischen und damit auch der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren dazu geführt haben, dass wir in den Apotheken Umsatzbereiche haben, in denen wir keinen oder keinen ausreichenden Gewinn mehr erwirtschaften. Wir denken zum Beispiel an die Krankenhausversorgung, an Notdienste, an Apotheken, die Hilfsmittel abgeben oder viele Rezepturen herstellen. Das sind alles Bereiche, in denen keine oder nicht mehr ausreichende Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden können. Wir finden es einfach ungerecht, dass diejenigen Apotheken, die sich notwendigerweise und wünschenswerterweise in diesen Bereichen engagieren und nach wie vor den Patienten anbieten, letztendlich auf diese Umsätze auch noch Kammerbeiträge zu entrichten haben.

DAZ.online: Sie haben ja einen „Reserveantrag“ gestellt für den Fall, dass Ihr Antrag, den Kammerbeitrag anders zu berechnen, nicht angenommen wird. In diesem Fall stellen Sie den Antrag, dass es einen Freibetrag geben soll, für den kein Kammerbeitrag fällig wird. Warum ein solcher Freibetrag und nicht eine Beitragsdeckelung, vergleichbar mit der Beitragsbemessungsgrenze in der GKV?

Hartmann: Der Freibetrag hat erstens den Sinn, die Umsätzen, die keine ausreichenden Deckungsbeiträge mehr bringen, vom Kammerbeitrag freizustellen. Der zweite Punkt ist natürlich der, dass die Kammer, sollte dieser Antrag angenommen werden, sich überlegen muss, in welchen Bereichen Einsparpotenziale im Kammerhaushalt gehoben werden können, z.B. beim ABDA-Beitrag.

DAZ.online: Es geht Ihnen also auch um Beitragssenkung und nicht nur darum, die Bemessung zu ändern.

Hartmann: Genau, darum geht uns eben auch.

DAZ.online: Warum keine Kopfpauschale? Jedes Kammermitglied erhält die gleichen Leistungen der Kammer und bezahlt dafür den gleichen Kammerbeitrag?

Hartmann: In der Abwägung mehrerer Möglichkeiten haben wir das intern auch diskutiert. Aber wenn man sich zum Beispiel die Beitragsordnung der Bayerischen Landesärztekammer ansieht, dann wird dort seit vielen Jahren auch nach dem Ertrag abgerechnet. Die Abrechnung nach Köpfen, also nach Personen, oder nach Apotheken im Rahmen einer Pauschale halten wir insofern für ungerecht, weil natürlich eine große starke Apotheke letztendlich im Verhältnis genauso viel zahlen müsste wie eine kleine Apotheke. Da sind wir der Meinung, dass die Abrechnung nach Ertrag, also wenn jemand viel verdient, soll er viel zahlen, gerechter ist.

DAZ.online: Wie sind die Reaktionen auf Ihren Vorschlag? Was sagen denn die Kollegen in Bayern?

Hartmann: Wir haben festgestellt, dass die Zustimmung umso größer war, je weiter ein Apotheker von der Kammer als Institution entfernt war, und die Verwunderung umso größer war, je näher jemand der Kammer steht. Insbesondere wurde kritisiert, dass dieser Antrag öffentlich gemacht und deutschlandweit diskutiert wurde. Das sei unter bayerischen Landesapothekern nicht üblich. Uns wurde mitgeteilt, dass eine vorherige Publikation in den gängigen Online-Medien als absolut unpassend empfunden wurde.   Wobei ich die Gegenfrage stelle, was das für ein Demokratieverständnis ist.  Wir wollten diesen Antrag ja gerade in die Berufsöffentlichkeit bringen. Die Resonanz gab uns ja letztendlich Recht. Und wie komme ich als Mandatsträger dazu, einen Antrag, von dem ich überzeugt bin, zunächst mal mit der Verwaltung zu besprechen? Vor allem wenn ich von vornherein weiß, dass dieser möglicherweise – wie soll ich mich ausdrücken – kleingeredet wird oder dass sogar darauf hingewirkt wird, dass ich diesen Antrag möglicherweise zurückziehe?

DAZ.online: Wie schätzen Sie denn Ihre Chancen ein, dass er angenommen wird?

Hartmann: Das ist relativ schwer einzuschätzen. In der Argumentation werden wir natürlich auch die angestellten Apotheker ansprechen, die in der Delegiertenversammlung sitzen und werden versuchen, die Angestellten mit ins Boot zu holen, weil letztendlich kommt eine Entlastung des Apothekeninhabers auch den angestellten Kolleginnen und Kollegen in der Apotheke zugute.

DAZ.online: Herr Hartmann, vielen Dank für das Gespräch!

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Dr. Benjamin Wessinger