Anhörung des Umweltausschusses

Hälfte aller Wirkstoffe „potenziell umweltschädigend“

Berlin - 20.03.2013, 15:20 Uhr


Arzneimittel in öffentlichen Gewässern können der Umwelt schaden. Derzeit seien die Gewässer in Deutschland zwar nicht flächendeckend mit dramatischen Konzentrationen belastet, sagte Klaus Günter Steinhäuser vom Bundesumweltamt während eines Fachgespräches im Umweltausschuss. Gleichwohl sei dies „ein Thema, mit dem man sich beschäftigen sollte und um das man sich sorgen soll“.

Rund 8.000 Tonnen an Arzneimitteln gehen laut Steinhäuser in Deutschland jährlich über die HV-Tische. Von den insgesamt zur Verfügung stehenden 3.000 Wirkstoffen sei etwa die Hälfte „potenziell umweltschädigend“. Das Problem: Die Medikamente müssten wasserlöslich sein, um vom Körper aufgenommen zu werden, so Steinhäuser – Kläranlagen könnten aber nicht alle schädigenden Stoffe herausfiltern. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das Schmerzmittel Diclofenac, dessen nierenschädigende Wirkung bekannt sei und das schon in geringer Dosierung die Nieren von Fischen schädigen könne. Ein spezieller Fall seien auch antibiotikaresistente Keime, die in Gewässern immer wieder festgestellt würden.

Aus Sicht des Bundesumweltamtes sollte man daher die Umweltqualitätsnorm für wichtige Wirkstoffe rechtlich verankern und den Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter als Risikobeurteilungswert in die Zulassung einführen. Zudem müsse die Risikokommunikation eine größere Rolle spielen, beispielsweise durch eine Ampellösung, bei der „umweltkritische Mittel“ gekennzeichnet werden. Schließlich sei auch die Entsorgung von Arzneimitteln wichtig: Über den Hausmüll hinreichend – aber es müsse deutlich gemacht werden, dass Arzneimittel nicht in die Toilette gehören, so Steinhäuser.

Darüber hinaus riet Issa Nafo vom Genossenschafts-Verband Emscher-Lippe zu einer Minimierung der Einträge in die Gewässer durch eine Veränderung der derzeitigen Verschreibepraxis. Sein Verband habe in verschiedenen Anlagen bereits neue Techniken der Abwasserentsorgung, wie etwa die Membranfiltration, die Oxidation und die Adsorption an Aktivkohle, getestet. Ergebnis: Die Reduktionsrate vieler Spurenstoffe konnte von 65 auf 80 Prozent erhöht werden – eine vollständige Elimination sei aber auch mit weitergehenden Abwasserbehandlungsverfahren nicht zu erreichen. Zudem, so Nafo weiter, seien die neuen Verfahren mit einer Steigerung des Energieverbrauches um 30 Prozent und mehr verbunden.

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Juliane Ziegler


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