MabCampath®-Rücknahme

Wirtschaftliches Interesse versus Therapiequalität

Berlin - 09.10.2012, 15:01 Uhr


Nach der Marktrücknahme des Leukämiemittels MabCampath® aus strategischen Gründen will die Fraktion „Die Linke“ von der Bundesregierung jetzt wissen, wie sie zur Firmenpolitik von Sanofi/Genzyme steht.

Genzyme, eine Tochter des Pharmakonzerns Sanofi-Aventis, stellte im August den Vertrieb des Präparats in Deutschland ein, weil sich herausgestellt hatte, dass der Wirkstoff auch gegen Multiple Sklerose hilft. In dieser Indikation wären deutlich größere Patientenzahlen zu erwarten. Allerdings wären für die MS-Behandlung auch kleinere Dosen erforderlich. Die Jahrestherapiekosten – und damit die Gewinne des Herstellers – wären daher erheblich niedriger, schreiben die Linken.

Die Abgeordneten um Kathrin Vogler und Martina Bunge erinnern in diesem Zusammenhang an den Fall Lucentis®/Avastin®. Das Krebsmedikament Avastin® hatte sich vor einigen Jahren ebenfalls als wirksam gegen eine andere Krankheit erwiesen, nämlich gegen die altersbedingte Makuladegeneration. Der Wirkstoff sei dann mit neuer Indikation „leicht modifiziert und mehr als 30-mal teurer“ auf den Markt gebracht worden, so die Linken. Bis heute versuchten Ärzteschaft und Krankenkassen, der „Preistreiberei“ durch Verträge im rechtlichen Graubereich Herr zu werden.

Konkret soll die Bundesregierung nun darlegen, unter welchen Voraussetzungen die europäische Zulassungsbehörde EMA einerseits und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bzw. das Paul-Ehrlich-Institut andererseits eine Marktrücknahme bei zugelassenen Arzneimitteln verhindern können. Außerdem fragen die Abgeordneten, welche haftungsrechtlichen Konsequenzen die Verordnung von MabCampath® nach August 2012 für die behandelnden Ärzte hat und welche Probleme die Regierung insbesondere im Off-Label-Gebrauch sieht. Ebenso will die Linksfraktion wissen, ob die Regierung im Vorgehen von Genzyme einen Verstoß gegen den den pharmazeutischen Unternehmen nach dem Arzneimittelgesetz obliegenden Sicherstellungsauftrag sieht.

Lesen Sie


Juliane Ziegler


Das könnte Sie auch interessieren

Regierung zu MabCampath®-Rücknahme

Zwangsvermarktung nicht möglich

Was ist ein fairer Preis für einen bekannten Wirkstoff in neuer Indikation?

Der Fall Alemtuzumab

Stimmenfang zur intravitrealen Gabe von Bevacizumab trotz fehlender Zulassung

Off-label-Use im großen Stil

Monoklonaler CD52-Antikörper zugelassen

Alemtuzumab bei multipler Sklerose