Reaktionen auf BGH-Urteil

SPD will Korruptions-Straftatbestand für Ärzte

Berlin - 29.06.2012, 10:24 Uhr


Die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der korruptes Verhalten niedergelassener Ärzte nach aktueller Gesetzeslage nicht strafbar ist, führte zu hitzigen Diskussionen im Bundestag. Die SPD fordert von der Regierung jetzt eine entsprechende gesetzliche Grundlage.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zeigte sich zu Beginn der Debatte höchst zufrieden mit dem Urteil aus Karlsruhe. Aus guten Gründen seien Ärzte keine Angestellten oder Beauftragten der Krankenkassen, sondern Freiberufler, betonte er. Gerade dies sorge dafür, dass das deutsche Gesundheitssystem so gut funktioniere. Man werde das Urteil nun gründlich auswerten und danach entscheiden, ob aus ihm Konsequenzen zu ziehen sind. Grundsätzlich gab sich Bahr jedoch überzeugt, dass es bereits ausreichend Ahnungsmöglichkeiten für korruptes Verhalten von Ärzten gebe – beispielsweise im SGB V, der Bundesärzteordnung oder auch dem Heilmittelwerbegesetz. Möglich sei sogar, die Approbation zu entziehen. Die Selbstverwaltung müsse ihre Möglichkeiten nur nutzen.

Carola Reimann (SPD) warf Union und FDP vor, „nicht an einer effektiven strafrechtlichen Ahndung dieser Missstände interessiert“ zu sein. Die von Bahr zitierten bestehenden Regelungen seien nicht scharf genug – die strafrechtliche Sanktionsmöglichkeit fehle. Und wenn korruptes Verhalten konsequent verfolgt werde, müsste für niedergelassene Ärzte das Gleiche gelten wie für angestellte Ärzte. Die Regierung müsse daher die „überdeutlichen Rechtslücken“ schließen und für Klarheit sorgen. Schließlich kämen durch korruptes Verhalten einzelner schwarzer Schafe neben dem finanziellen Schaden für das Gesundheitswesen ernsthafte gesundheitliche Gefahren für Patienten hinzu. „Dann nämlich, wenn die ärztliche Behandlung von dubiosen Zahlungen der Pharmaindustrie beeinflusst wird.“ Es müsse doch jedem einleuchten, dass es sich dabei um keine Kavaliersdelikte handle. Zudem brächten so einzelne Ärzte durch ihr Verhalten die große Mehrheit der Ärzte, die tagein tagaus gute Arbeit leisten, in Misskredit.

Das sei „eine Unverschämtheit“, erwiderte der Jens Spahn (CDU), niemand wolle Korruption im Gesundheitswesen. Aber gerade die Freiberuflichkeit erlaube den Ärzten im Interesse der Patienten zu entscheiden und nicht als Beauftragte der Krankenkassen Quasi-Angestellte zu sein. Er warf der Opposition vor, mit ihrer Forderung niedergelassene Ärzte unter Generalverdacht zu stellen. „Die Menschen wollen ein Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt“, so Spahn, aber bereits die Wortwahl des von der SPD angekündigten Antrags („Abzocke“) sei ein gegenseitiges Ausspielen von Ärzten, Apothekern und Patienten – und sei daher der falsche Weg. Einen neuer Straftatbestand hält auch er für nicht nötig.

Der SPD-Politiker Karl Lauterbach warf der Regierung ebenfalls Untätigkeit vor: „Für die CDU scheint nicht die Korruption das eigentliche Problem zu sein, sondern die Bekämpfung der Korruption.“ Dadurch entstehe in der Öffentlichkeit der „verheerende“ Eindruck, die CDU wolle die Korruption schützen. „Der Krankenhausarzt, der Krankenhausapotheker, sie werden alle strafrechtlich verfolgt, der niedergelassene Arzt nicht.“ Diese Position zu halten, sei aber weder rechtlich noch politisch möglich.


Juliane Ziegler