EU-Transparenzrichtlinie

Arzneimittel sollen schneller zum europäischen Patienten kommen

Brüssel - 01.03.2012, 15:12 Uhr


Die EU-Kommission will dafür sorgen, dass Arzneimittel in Europa schneller auf den Markt gelangen. Während in Deutschland neue Arzneimittel umgehend nach ihrer Zulassung auf den Markt kommen, ist die Situation in anderen EU-Staaten nicht ganz so leicht. Eine Aktualisierung der Transparenzrichtlinie für Arzneimittel soll nun Abhilfe schaffen.

Nach einem heute vorgelegten Vorschlag der Europäischen Kommission sollen die Entscheidungs­verfahren für die Preisfestsetzung und Kostenerstattung von Arzneimitteln in den Mitgliedstaaten verschlankt und verkürzt werden. Künftig sollen diese Entscheidungen bei innovativen Arzneimitteln in der Regel innerhalb von 120 Tagen getroffen werden. Dabei geht es um Fälle, in denen über den Preis zu entscheiden ist, bevor das Arzneimittel auf den Markt kommt. Beim AMNOG ist dies gerade nicht der Fall – hier ist das Arzneimittel schon vor der Entscheidung über den Erstattungsbetrag mit einem bestimmten Preis verfügbar. Im Fall von Generika will die Kommission die Frist gar von 180 auf 30 Tage verkürzen. Zudem schlägt sie strenge Durchsetzungsmaßnahmen vor, die greifen sollen, wenn die Entscheidungsfristen von den Mitgliedstaaten überschritten werden. 

Die neue Richtlinie soll ihre Vorgängerin aus dem Jahr 1989 ersetzen. Diese werde der erhöhten Komplexität der Preisfestsetzungs- und Kostenerstattungsverfahren in den Mitgliedstaaten nicht mehr gerecht, so die Kommission. Antonio Tajani, Vizepräsident der Europäischen Kommission und zuständig für Industrie und Unternehmertum betonte: „Wir brauchen zügigere Entscheidungen über die Preisfestsetzung und Kosten­erstattung von Arzneimitteln, damit der Markt dynamisch bleibt und sie für die Bürgerinnen und Bürger rascher erhältlich sind“. Der Vorschlag werde für erhebliche Einsparungen bei den öffentlichen Gesundheitsausgaben sorgen und den Pharmaunternehmen zugleich ein berechenbareres und transparenteres Geschäftsumfeld bieten.

Der Europaabgeordnete Dr. Peter Liese, gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Christdemokraten im EU-Parlament, begrüßte die Vorschläge grundsätzlich: „Die bestehende Richtlinie wurde seit rund 20 Jahren nicht geändert, sodass eine Anpassung an den heutigen Arzneimittelmarkt sinnvoll und richtig ist, da sich inzwischen manche Faktoren grundlegend geändert haben“. So seien die Kosten der Mitgliedsstaaten für die Erstattung von Arzneimitteln in den vergangenen zwei Jahrzehnten dramatisch gestiegen – in der Folge hätten die Mitgliedstaaten komplexere Preisfestsetzungs- und Kostenerstattungssysteme konzipiert. 

Langfristig fordert Liese allerdings auch eine Harmonisierung der Arzneimittelpreise in der EU. Die gegenwärtige Situation sei „weder gerechtfertigt noch sozial“. So lägen die Preise für die Behandlung mit lebensnotwendigen Medikamenten in Deutschland teilweise um 70 Prozent höher als in anderen Ländern. Die gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland finanzierten mit ihren Beiträgen somit „niedrige Arzneimittelpreise auch für Millionäre auch in anderen Ländern“, so Liese. Durch eine Harmonisierung würde letztendlich auch die Pharmaindustrie entlastet, erklärt der EU-Parlamentarier weiter. Denn derzeit benötigten die Firmen ganze Stäbe von Mitarbeitern, um die unterschiedlichen Preisregulierungssysteme in den 27 Mitgliedstaaten zu verstehen und zu bearbeiten. „Diese Leute sollten im Sinne der Patienten aber besser in Forschung und Entwicklung arbeiten“. 


Kirsten Sucker-Sket