ABDA/KBV-Modell

Hausärzte lehnen Konzept weiterhin ab

Düsseldorf/Berlin - 06.10.2011, 16:05 Uhr


Zu Beginn des Deutschen Apothekertages wiederholte Ulrich Weigeldt, der im September neu gewählte Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, die ablehnende Haltung der Hausärzte gegenüber dem ABDA/KBV-Modell: Die Wirkstoffverordnung als „verschleierte Positivliste“ bringe dem Patienten keine Vorteile und verschiebe das Haftungsrisiko auf die Ärzte.

Das Modell sei „nutzlos“, kritisierte Weigeldt die geplante Wirkstoffverordnung scharf. Daher werde sie von den Hausärzten nicht unterstützt werden. Die Hausärzte befürchten einen Kompetenzverlust durch das Modell: „Im Interesse einer sicheren Arzneimittelversorgung unserer Patienten lassen sich die Hausärzte diese Kernkompetenz ärztlicher Tätigkeit nicht aus der Hand nehmen“, sagte Weigeldt.

Zum Gelingen des Modells fehle es den Apothekern an wichtigen Informationen zur Diagnose und der Indikation. „Der Hausarzt verschafft sich in der vertraulichen Situation der Sprechstunde den Überblick über alle verordneten Arzneien, er kennt das gesamte Krankheitsbild des Patienten, mögliche Unverträglichkeiten gegen bestimmte Wirkstoffe und familiäre Hintergründe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Patienten dies alles im Verkaufsraum einer Apotheke mit einer PTA besprechen wollen, wo nur ein farbiger Strich im Bodenbelag für Diskretion sorgen soll.“ Die Hausärzte lehnen es jedoch ab, solch sensible Daten der Patienten aus rein wirtschaftlichen Überlegungen der Apotheker im Gesundheitssystem zu streuen, so Weigeldt.

Auch der Pilotversuch in einem KV-Bezirk, der jetzt im Versorgungsstrukturgesetz verankert werden soll, mache dieses „rein von Apothekerinteressen motivierte Konzept“ nicht besser für die Patienten, kritisierte er. Hier werde die sichere Arzneimittelversorgung kurzsichtigen ökonomischen Interessen geopfert und eine „verschleierte Positivliste“ eingeführt, die das Haftungsrisiko auf die Ärzte verschiebe.

Die Wirkstoffverordnung werde bei Kombinationspräparaten ohnehin schnell an die Grenzen der Realisierbarkeit stoßen, weshalb Weigeldt davon ausgeht, dass das Modell scheitern werde: „Wir Hausärzte werden kein Modell passieren lassen, das der Zweiklassenmedizin Vorschub leistet, weil Privatversicherte die Medikamente vom Arzt verordnet bekommen, während Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen der Wirkstoffverordnung ausgesetzt sind.“

Der Gegenvorschlag der Hausärzte für eine sichere und zeitnahe Arzneimittelversorgung multimorbider, älterer Patienten, die nicht in der Lage sind, in die Praxis oder in die Apotheke zu kommen: Der Arzt soll Medikamente beim Hausbesuch mitbringen und selbst ausgeben dürfen, forderte Weigeldt.


Juliane Ziegler