Streit um Gesundheitsprämie

Koalitions-Krach artet aus

Berlin - 07.06.2010, 09:54 Uhr


Nachdem Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) seine Pläne zum Umbau der GKV-Finanzierung letzte Woche aufgeben musste, attackiert die FDP die CSU immer heftiger: „Die CSU ist als Wildsau aufgetreten, sie hat sich nur destruktiv gezeigt", sagte

Aber nicht nur die Tonlage des Streits eskaliert. Auch in der Sache gibt es immer größere Widersprüche, jetzt auch auf höchster Ebene zwischen den Parteichefs von CDU, CSU und FDP. CSU-Chef Horst Seehofer und die CDU-Vorsitzende Merkel interpretieren die getroffenen Absprachen für einen neuen Anlauf für einen Kompromiss höchst unterschiedlich: Seehofer sagte dem „Spiegel“, er habe sich mit FDP-Chef Guido Westerwelle und Merkel auf gesundheitspolitische Grundsätze geeinigt, die die Einführung einer Prämie nahezu unmöglich machen würden. Die Vereinbarung bestehe aus drei Sätzen: „Es wird keine Steuermittel für den Solidarausgleich geben. Ein Solidarausgleich aus Beitragsmitteln ist unfinanzierbar. Und bevor wir die Beiträge erhöhen, müssen alle Mittel zur Ausgabenbegrenzung ausgeschöpft sein."

Bundeskanzlerin Merkel ließ daraufhin Bayerns Ministerpräsidenten von ihrem Regierungssprecher zurückpfeifen: Sie ließ Ulrich Wilhelm mitteilen, „dass über die Ausgestaltung eines zukünftigen Sozialausgleichs noch keine Entscheidung getroffen ist". Es sei verabredet, die Beitragsautonomie der Krankenkassen zu stärken. „Ein Instrument ist die Weiterentwicklung der bisherigen einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträge, die dem Gebot der sozialen Gerechtigkeit Rechnung tragen müssen." Das ist auch deshalb ein ungewöhnlicher Vorgang, weil Regierungssprecher Wilhelm, der ab 2011 Intendant des Bayerischen Rundfunks wird, damit direkt in Konfrontation mit der bayerischen Staatsregierung gerät. 

Gesundheitsstaatssekretär Bahr kündigte trotzig an, dass die Liberalen an Zusatzbeiträgen für die Versicherten festhalten wollen. „Die CSU wird einen pädagogischen Prozess durchlaufen und in Mathe-Nachhilfe feststellen, dass man mit vier Milliarden Euro Einsparungen kein Defizit von elf Milliarden Euro im Jahr 2011 decken kann." FDP-Generalsekretär Christian Lindner warf CSU-Chef Horst Seehofer wegen des Vetos gegen die Gesundheitsprämie ein „persönliches Trauma“ vor: „Jetzt müssen 70 Millionen gesetzlich Versicherte seine Trauma-Therapie machen."


Lothar Klein