Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern

Apotheker sollen beim Arzt nachfragen

Rostock - 09.11.2015, 15:15 Uhr

Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel stellte die Arzneimitteltherapiesicherheit in den Mittelpunkt des Apothekertages Mecklenburg-Vorpommern. (Foto: ABDA)

Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel stellte die Arzneimitteltherapiesicherheit in den Mittelpunkt des Apothekertages Mecklenburg-Vorpommern. (Foto: ABDA)


Die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Motivation für die intensivere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern waren die zentralen Inhalte beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern am Samstag in Warnemünde.

Der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern war wie immer in die Scheele-Tagung eingebunden. Zum Fortbildungswochenende der Scheele-Gesellschaft kamen knapp 200 Gäste an die Ostsee. Kammerpräsident Georg Engel beklagte die Abkopplung der Apotheker von der wirtschaftlichen Entwicklung und kritisierte den jüngsten Entwurf für eine neue Bundesapothekerordnung. Denn diese beschränke den Apotheker auf einen Logistikfachmann für Arzneimittel. Engel warb daher für die laufende Internetdiskussion über das Berufsbild der Apotheker. Eine große Beteiligung an dieser Diskussion könne dem Entwurf der Apotheker mehr Gewicht geben.

AMTS – und die Folgen unerwünschter Arzneimittelwirkungen

Zum gesetzlichen Konzept für den Medikationsplan stellte Engel „ungläubiges Erstaunen“ bei allen Fachleuten für Arzneimitteltherapiesicherheit fest. Denn Apotheker würden zuerst einen Überblick über die Medikation eines Patienten erlangen und müssten daher in die Erstellung des Plans eingebunden werden.

Karen Saljé von der Universität Greifswald stellte eine Studie zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen als Grund für Krankenhauseinweisungen vor. Dort wurde ein Erfahrungswert aus der Literatur bestätigt, denn 6,5 Prozent der nicht elektiven Aufnahmen der inneren Medizin an der Universitätsklinik Greifswald waren auf schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen. Davon wurden 30 Prozent als vermeidbar eingestuft. Zwei Prozent aller untersuchten Fälle endeten tödlich.

Hintergründe zu ARMIN

Monika Koch, ARMIN-Beauftragte des Landesapothekerverbandes Sachsen, erklärte das Zögern vieler Ärzte beim Modellprojekt ARMIN in Sachsen und Thüringen mit dem nötigen technischen Ausbau der Praxis-EDV und der zeitlichen Belastung, weniger mit inhaltlichen Bedenken. Kochs wichtigste Botschaft an Ärzte und Apotheker war: „Redet miteinander!“ Koch riet, mit den neuen Leistungen der Apotheker klein anzufangen. Es gehe nicht darum, den Arzt zu verbessern, sondern dafür zu sorgen, dass der Patient tut, was der Arzt will.

KV-Vize ermuntert zu Rückfragen beim Arzt

Dieter Kreye, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern, beklagte einzelne Fälle, in denen Apotheker die ärztliche Therapieabsicht durchkreuzt hätten. Doch er gestand ein, dass auch Ärzte Fehler machen. Daher forderte er die Apotheker zu Rückfragen auf. Wenn jemand meine, von der Verordnung abweichen zu müssen, müsse dies durch eine Rückfrage geklärt werden. Er fühle sich dadurch nicht genervt, denn ein Schaden für den Patienten sei viel nerviger.

Besondere Vorsicht an den Schnittstellen

Nach Einschätzung von Torsten Hoppe-Tichy, zweiter Vizepräsident der ADKA, sollte die Medikation immer überprüft werden, wenn der Patient eine Schnittstelle im Gesundheitswesen passiere, beispielsweise bei der Einweisung ins Krankenhaus. Dabei würden Apotheker keine neuen Arzneimittel verordnen, denn die Verantwortung der Ärzte sei nicht teilbar. Vielmehr sollten Umstellungen richtig umgesetzt und Fehler vermieden werden. Doch auch das Entlassmanagement kann nur gelingen, wenn bereits bei der Aufnahme eine gute Arzneimittelanamnese stattfindet – so die These von Hoppe-Tichy.

BAK vergleicht AMTS-Projekte

In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, warum die Apotheker in verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Projekte zur Arzneimitteltherapiesicherheit verfolgen. Dazu äußerte sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, der als Gast den Apothekertag besuchte. Er verwies auf eine Arbeitsgruppe der Bundesapothekerkammer, die diese Projekte vergleiche und schon im Dezember Mindeststandards abgleichen solle. Die Besonderheiten bei ARMIN seien die Zusammenarbeit mit den Ärzten und die festgelegte Arbeitsteilung zwischen den Heilberufen. Ansonsten bestehe föderaler Wettbewerb. Bis ein bundeseinheitliches Verfahren feststeht, werde es noch einige Jahre dauern, erwartet Schmidt.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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