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Polypille Sincronium ist da, "Wunderpille" Entresto kommt, Tresiba geht

Stuttgart - 11.07.2015, 06:00 Uhr

(Fotos: scottchan, gena96 - Fotolia.com; Montage: DAZ/ekr)

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Gute Nachrichten für Herzinsuffizienz-Patienten: Die neue, schon als Wunderpille gepriesene Kombination aus Angiotensin-Rezeptorantagonist und Neprilysin-Inhibitor mit dem Handelsnamen Entresto™ ist gerade in den USA zugelassen worden. Und mit Sincronium® ist die erste „Polypille“ zur Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen eingeführt worden. Schlechte Nachrichten für Diabetiker: Wegen der Marktrücknahme von Tresiba® müssen trotz Protest wohl viele mit Insulin degludec behandelte Diabetiker umgestellt werden. Und bei Diabetikern, die mit Cana-, Dapa- oder Empagliflozin behandelt werden, sind erhöhte Wachsamkeit und griffbereite Teststreifen auf Ketonkörper ratsam.

Gute Nachrichten für Herzinsuffizienz-Patienten

Die FDA hat in einem beschleunigten Verfahren eine Kombination aus Sacubitril und Valsartan (Entresto™), einem Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten und einem Neprilysin-Inhibitor (ARNI) zugelassen. Neprilysin ist für den Abbau natriuretischer Peptide verantwortlich. Durch seine Hemmung und dem damit verbundenen Anstieg natriuretischer Peptide sowie der AT1-Blockade lassen sich Synergieeffekte bei der Therapie der Herzinsuffizienz nutzen. Diese waren so überzeugend, dass vor knapp einem Jahr eine Vergleichsstudie von Sacubitril/Valsartan mit Enalapril (PARADIGM-HF) gestoppt werden musste: kardiovaskuläre Todesfälle und Klinikeinweisungen als Folge der Herzinsuffizienz waren in der Sacubitril/Valsartan-Gruppe um 20% niedriger als in der Enalapril-Gruppe. Das beschleunigte Zulassungsverfahren bei der EMA läuft noch.

Noch eine gute Nachricht für Herzkranke?

Die Firma Hexal, die zurzeit unter anderem mit der Einhaltung der Spezifikationen von L-Thyroxin und Olanzapin-Schmelztabletten zu kämpfen hat, hat mit Sincronium® die erste „Polypille“  zur Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse auf den Markt gebracht. Sie enthält 100 mg ASS, 20 mg Atorvastatin und 2,5 mg, 5 mg oder 10 mg Ramipril. Ob neben einer durch die Reduktion der Tablettenzahl erhofften Verbesserung der Therapietreue weitere positive Effekte zu erwarten sind, bleibt offen. Cochrane-Autoren haben ihre  Zweifel. Spätestens dann, wenn eine der Substanzen nicht vertragen (z.B. Hustenreiz unter Ramipril) oder die Zielwerte nicht erreicht werden (z.B. Lipidwerte wegen zu niedriger Atorvastatin-Dosierung),  muss der Patient wieder umgestellt werden. Teurer ist diese Behandlung im Vergleich zur Therapie mit den entsprechenden Monopräparaten in jedem Fall. Angeboten werden Packungen mit 28 und 98 Tabletten zu 37,95 Euro bzw.  97,70 Euro. 100er-Packungen der drei Monopräparate sind zu Listenpreisen in der Größenordnung von insgesamt 30 Euro zu erhalten.

Keine gute Nachricht für Herzkranke

Schmerzmittel wie Diclofenac und Ibuprofen können das kardiovaskuläre Risiko erhöhen, Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen und Risikofaktoren sind besonders gefährdet. Die FDA hat die Datenlage erneut gesichtet und zieht Konsequenzen. Die Warnhinweise für verschreibungspflichtige NSAIDs sollen verschärft und für OTC-Präparate anpasst werden. So soll darauf hingewiesen werden, dass alle NSAIDs (außer Acetylsalicylsäure) das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko erhöhen können, auch schon in den ersten Wochen der Anwendung. Das Risiko steigt mit der Dauer der Anwendung und ist größer bei höheren Dosierungen. Eine  Aussage darüber, ob das Risiko einer Substanz definitiv höher oder niedriger ist als das einer anderen, ist laut FDA nicht möglich, auch wenn es Hinweise dafür gibt, dass es substanzabhängige Unterschiede gibt.

Schlechte Nachrichten für Diabetiker

40.000 Tresiba®-Patienten müssen umgestellt werden, weil für das darin enthaltene Langzeitinsulin Insulin degludec kein Zusatznutzen festgestellt wurde. Kein Zusatznutzen bedeutet Erstattung auf Festbetragsniveau, das ist dem Hersteller Novo-Nordisc zu wenig, er wird das Präparat im September vom Markt nehmen. Kritik kommt von der Techniker Krankenkasse. Novo Nordisk müsse von Anfang an klar gewesen sein, dass das Basalinsulin keinen Zusatznutzen hat, so der TK-Chef Jens Baas. Vor diesem Hintergrund mit einem breit angelegten Marketing viele Menschen auf das Präparat einstellen zu lassen, um es dann wieder vom Markt zu nehmen, ist in den Augen der Techniker Krankenkasse verantwortungslos. die Spielregeln seien von Anfang an klar gewesen.  


Noch eine schlechte Nachricht für Diabetiker

Übelkeit, Erbrechen, Hyperventilation, Schläfrigkeit, das alles könnte bei mit Gliflozinen behandelten Diabetikern auf eine potenziell lebensbedrohliche diabetische Ketoazidose hindeuten, auch wenn der Blutzuckerspiegel im Normbereich liegt. Die Hersteller empfehlen, bei Verdacht auf Ketonkörper zu testen. Gliflozin-haltige Präparate sind  Invokana®, Forxiga®, Xigduo®, Jardiance® und Synjardy®.


Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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