Pradaxa-Antidot

Idarucizumab hebt Wirkung innerhalb von Minuten auf

Stuttgart - 23.06.2015, 17:55 Uhr

Für unstillbare Blutungen unter Pradaxa gibt es bislang kein zugelassenes spezifisches Antidot (Bild: BirgitKorber/Fotolia.com)

Für unstillbare Blutungen unter Pradaxa gibt es bislang kein zugelassenes spezifisches Antidot (Bild: BirgitKorber/Fotolia.com)


Der Antikörper Idarucizumab scheint die Wirkung von Dabigatran (Pradaxa) innerhalb kurzer Zeit aufheben zu können. Das zeigen die Zwischenergebnisse der RE-VERSE AD-Studie. Der Hersteller Boehringer-Ingelheim hat bereits Zulassungsanträge bei mehreren Behörden gestellt und rechnet aufgrund der positiven Ergebnisse mit einer baldigen Zulassung. Damit wäre Dabigatran das erste der neuen oralen Antikoagulanzien, für das ein spezifisches Antidot existiert. Bislang ist die Gabe von Gerinnungsfaktoren die einzige Möglichkeit, die Wirkung dieser Substanzen aufzuheben.

In der Beobachtungsstudie soll die Wirksamkeit und Sicherheit von Idarucizumab, einem vollständig humanisierten Antikörper-Fragmen, an zwei Patientengruppen getestet werden:

  • Bei Patienten mit einer unstillbaren Blutung unter Dabigatran
  • sowie Patienten, die sich einer unaufschiebbaren Operation unterziehen müssen, für die eine normale Hämostase notwendig ist und die Zeit nicht reicht Dabgatran abzusetzen.

Endpunkte waren die Antagonisierung der Dabigatran-Wirkung binnen vier Stunden nach Verabreichen von 5 g Idaruzizumab sowie die Wiederherstellung einer normalen Haemostase.

Die Ergebnisse von 90 der insgesamt 300 geplanten Patienten wurden jetzt im New England Journal of medicine publiziert. Bei 88 bis 98 Prozent der Patienten normalisierten sich die Gerinnungswerte nach der Antikörpergabe innerhalb von wenigen Minuten. Zum Vergleich: Die Normalisierung der INR von Patienten unter Warfarin mithilfe von Gerinnungsfaktoren dauert etwa 30 Minuten und wird bei nicht einmal zwei Drittel der Probanden erreicht, das hat eine frühere Untersuchung gezeigt. Nach knapp zwölf Stunden wurde bei den Patienten, die Idarucizumab wegen einer unstillbaren Blutung erhalten hatten, eine normale Hämostase erreicht. Auch die meisten Patienten, die operiert wurden, hatten keine ungewöhnlich starken Blutungen während des Eingriffs. Als Laborparameter wurden die verdünnte Thrombinzeit (dilute thrombin time) oder der Ecarin-Gerinnungszeit (Ecarin Clotting Time) herangezogen.

18 Patienten verstarben jedoch während des Beobachtungszeitraums, davon neun in den ersten 96 Stunden nach der Gabe von Idarucizumab. Diese Todesfälle scheinen aber entweder durch den ursprünglichen Notfall oder durch Begleiterkrankungen begründet zu sein. Auf einen direkten Zusammenhang mit der Gabe des Antidots deutet bislang nichts hin.

Das Fehlen eines spezifischen Antidots ist laut Ärztezeitung neben fehlenden Tests zum Blutgerinnungsmonitoring ein Grund, warum viele Ärzte die neuen oralen Antikoagulanzien zurückhaltend verordnen.  Ob sich das mit der vom Hersteller bald erwarteten Zulassung von Idarucizumab ändert, bleibt abzuwarten. Da keine Kontrollgruppe existiert, die bei dieser Fragestellung ethisch wohl ohnehin umstritten wäre, ist der klinische Nutzen von Idarucizumab über die Normalisierung der Gerinnungswerte hinaus schwer zu bewerten. Die Zulassung wurde jedenfalls einem beschleunigten Prüfverfahren beantragt.  Die US-Zulassungsbehörde FDA hatte Idarucizumab bereits im Juni 2014 als „bahnbrechende Therapie“ („Breakthrough Therapy“) eingestuft.


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