Aus der UAW-Datenbank

Akutes Leberversagen unter Methylphenidat

Stuttgart - 13.02.2015, 17:24 Uhr


Methylphenidat kann zur Behandlung der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern ab sechs Jahren eingesetzt werden. Es können unter Methylphenidat sehr selten medikamenteninduzierte Leberschädigungen auftreten. Darauf weist die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in einem Fallbericht hin.

Die AkdÄ berichtet aktuell über einen 16-jährigen Jungen ohne somatische Vorerkrankungen. Es bestand keine regelmäßige Medikation mit Ausnahme einer Methylphenidat-Therapie (Concerta® 54 mg Retard-Tabletten) seit knapp zwei Jahren zur Behandlung einer ADHS. Etwa ein halbes Jahr nach Beginn der Methylphenidat-Therapie waren die Leberwerte unauffällig. Anderthalb Jahre später fiel der Patient mit Sklerenikterus und epigastrischen Bauchschmerzen auf. Kurz darauf trat eine rasch progrediente Leberschädigung mit akutem Leberversagen auf. Es musste eine Leber transplantiert werden. Der weitere Verlauf war positiv, so dass der Patient nach etwa fünf Wochen aus der stationären Behandlung entlassen werden konnte. Infektionen, Substanzabusus, Autoimmunerkrankungen oder Stoffwechselstörungen wurden als Ursache des akuten Leberversagens ausgeschlossen. Daher wurde die Dauerbehandlung mit Methylphenidat als wahrscheinlich ursächlich für die schwere Leberschädigung gesehen.

Methylphenidat hat ein hohes Potenzial für UAW bei Kindern und Jugendlichen, wobei laut Fachinformation Schlaflosigkeit, Nervosität und Kopfschmerzen am häufigsten beobachtet werden (≥ 1 von 10 Patienten). Es werden auch Leber- und Gallenerkrankungen als unerwünschte Arzneimittelwirkung erwähnt: Gelegentlich (1/1000 bis < 1/100) treten erhöhte Leberenzymwerte auf, und sehr selten wird eine abnormale Leberfunktion einschließlich Leberkoma beobachtet. Im deutschen Spontanmeldesystem (Online-Datenbank des BfArM, Stand 1. Dezember 2014) sind 1368 Verdachtsberichte von Nebenwirkungen von Methylphenidat erfasst. Die meisten gemeldeten Reaktionen betreffen das Nervensystem oder psychiatrische Erkrankungen. In etwa 100 Berichten werden Nebenwirkungen an der Leber gemeldet, am häufigsten Erhöhungen verschiedener Leberenzyme. In Einzelfällen werden unspezifische Leberschädigungen oder Hepatitiden berichtet.

Die AdkÄ weist darauf hin, dass unter einer Therapie mit Methylphenidat auf Anzeichen von Hepatotoxizität geachtet werden muss. Auch sollten ADHS-Patienten mit bestehenden Lebererkrankungen regelmäßig klinisch überwacht und die Leberwerte bestimmt werden. Methylphenidat sollte nur nach den Vorgaben in der Fachinformation verordnet werden. Die Kontraindikationen müssen dabei streng eingehalten und Überdosierungen vermieden werden!

Quelle: Akutes Leberversagen unter Methylphenidat-Therapie (Aus der UAW-Datenbank), AkdÄ Drug Safety Mail | 02–2015  vom 13. Februar 2015


AdkÄ/Dr. Carolina Kusnick


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