Entzündliche Darmerkrankungen

Streit um Zusatznutzen von Vedolizumab

Stuttgart - 16.10.2014, 16:10 Uhr


Vedolizumab (Entyvio®) ist ein neuer darmselektiver Integrin-Antagonist, der im Gastrointestinaltrakt Entzündungsprozesse unterbinden kann. Er wird zur Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa eingesetzt und soll besser verträglich sein als eine wegen ihrer Nebenwirkungen gefürchtete Therapie mit einem TNF-alpha-Antagonisten. Doch dem IQWiG fehlen Studien, die das belegen.

Vedolizumab wurde Mitte dieses Jahres von Takeda neu eingeführt und jetzt einer frühen Nutzenbewertung durch das IQWiG unterzogen. Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde, falls noch kein TNF-alpha-Antagonist eingesetzt worden war, Adalimumab gewählt. Bei Versagen einer anti-TNF-alpha-Therapie sollte Adalimumab oder Infliximab als Vergleich dienen.

Allerdings liegen bislang keine direkten Vergleichsstudien von Vedolizumab mit einem TNF-alpha-Antagonisten vor. Vedolizumab wurde auf Basis von Placebo-kontrollierten Studien zugelassen (GEMINI 1 bis 3). Den Zusatznutzen wollte Takeda daher über einen adjustierten indirekten Vergleich mit Adalimumab bei Colitis ulcerosa belegen. Der pharmazeutische Unternehmer kam dabei zu dem Schluss, dass Vedolizumab bei vergleichbarer Wirksamkeit besser verträglich ist als Adalimumab.

Es wurde ein um 51 Prozent (Induktionsphase) bzw. 39 Prozent (Gesamtstudiendauer) niedrigeres Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen ermittelt. Auch das Risiko für einen Therapieabbruch war nach der Analyse von Takeda unter Vedolizumab geringer als unter dem TNF-alpha-Antagonisten: in der Induktionsphase um 72 Prozent und während der Gesamtstudiendauer um 85 Prozent.

Das IQWiG wollte dem nicht folgen. Der von Takeda gewählte indirekte Vergleich zum Zusatznutzen bei Colitis ulcerosa sei ungeeignet, unter anderem deshalb, weil das Studiendesign der für den Vergleich gewählten Studien und die daraus resultierenden Populationen nicht ausreichend ähnlich gewesen seien.

Für Morbus Crohn wurde vom pharmazeutischen Unternehmer kein indirekter Vergleich auf Basis von randomisierten kontrollierten Studien durchgeführt. Relevante Daten für die Nutzenbewertung lagen damit laut IQWiG für diese Indikation nicht vor, so dass auch bei Morbus Crohn der Beleg für einen Zusatznutzen von Vedolizumab gegenüber einer Anti-TNF-alpha-Therapie fehlte.

Der Hersteller kritisiert die Bewertung und hofft nun auf den G-BA, der im Januar 2015 über den Zusatznutzen entscheidet. Es wird betont, dass der G-BA nicht an die Bewertung des IQWiG gebunden ist und dass Vedolizumab uneingeschränkt weiter verordnet werden darf. Die Therapiekosten würden sich im Rahmen einer Anti-TNF-alpha-Therapie bewegen.


Dr. Doris Uhl


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