DAZ.online Wochenschau

Rostige Arzneimittel, viele Ehrungen und noch mehr Ebola

11.10.2014, 07:38 Uhr


Qualitätsmängel und Lieferengpässe beim Meningokokken-C-Impfstoff und Manipulationsverdacht bei Bevacizumab mahnen wieder zur Aufmerksamkeit. Neues gibt es von den NSAR: Sie scheinen nicht nur arterielle, sondern auch venöse Thromboembolien auszulösen. Und Ebola kommt näher: In Spanien hat sich eine Krankenschwester infiziert. Mehr dazu und darüber hinaus lesen Sie in unserer Wochenschau.

Rostiger Meningokokken-Impfstoff. Nachdem bereits alle Chargen des Meningokokken-C-Impfstoffs Meningitec® zurückgerufen sind, weist der Hersteller nun in einem Rote-Hand-Brief auf zu erwartende Lieferengpässe hin. Grund für den Rückruf waren Eisenoxid- und andere Metallpartikel, die enthalten sein und schwere systemische sowie lokale Reaktionen hervorrufen können. Wann das Produkt wieder lieferbar sein wird, ist nicht bekannt. 

Erneuter Manipulationsverdacht. Das Paul-Ehrlich-Institut warnt wieder vor möglicherweise manipulierten Arzneimitteln. Diesmal handelt es sich um eine Charge des monoklonalen Antikörpers Bevacizumab (Avastin®). Die betroffenen Fläschchen hatte ein deutscher Parallelvertreiber von einem rumänischen Großhändler bezogen. Chargen, die der Avastin®-Zulassungsinhaber Roche in Deutschland auf den Markt gebracht hat, seien nicht betroffen, so das PEI. 

Venenthrombosen durch NSAR? Dass selektive COX-2-Inhibitoren und unspezifische NSAR das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöhen, ist bekannt. Eine Metaanalyse ergab nun ein erhöhtes relatives Risiko für venöse Thromboembolien unter COX-Inhibitoren. Auch wenn nur eine Assoziation diskutiert wird, ein Zusammenhang erscheint Experten „nicht unplausibel“. 

Therapieversagen bei Antibiotika. Forscher von der Universität Cardiff haben fast elf Millionen Antibiotika-Verschreibungen aus nahezu 700 britischen Arztpraxen analysiert. Das erschreckende Ergebnis: Über einen 22-Jahres-Zeitraum hat mehr als jede zehnte Antibiotika-Behandlung in der Primärversorgung nicht angeschlagen. Und: Die Rate steigt weiter an. 

Mehr Transparenz. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA wird Daten zu klinischen Studien von Arzneimitteln offenlegen, die zur Zulassung eingereicht wurden. So sollen mehr Transparenz und bessere wissenschaftliche Auswertungen möglich werden. 

Stevia in aller Munde. Süßstoffe aus der Stevia-Pflanze gelten als natürlicher Ersatz von Zucker. Für die Süße sind Steviolglykoside verantwortlich: kalorienfrei, 300-mal süßer als Saccharose und mit bitterem Nachgeschmack. Steviolglykoside sind als Lebensmittelzusatzstoff E960 zugelassen. 

Ebola in Europa.
Erstmals seit dem Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika hat sich ein Mensch innerhalb Europas mit dem gefährlichen Virus infiziert. Eine Krankenschwester hat sich in einem Madrider Krankenhaus bei einem Ebola-Patienten angesteckt.
Deutschland fühlt sich gut gewappnet. Es seien vier Flughäfen mit Isolierstationen auf Anflüge mit Ebola-Patienten oder Verdachtsfällen vorbereitet. Zudem gibt es seit letzter Woche auch einen Ebola-Beauftragten der Bundesregierung.
Die WHO hat wichtige Hinweise und Verhaltensregeln für Reisende im Zusammenhang mit der Gefahr einer Ebola-Infektion in einer „Standard-Message“ zusammengefasst.
Für die Behandlung von Ebola gibt es noch immer kein regulär zugelassenes Arzneimittel. Die FDA erlaubt nun, dass das azyklische Nucleosidanalogon Brincidofovir zur Behandlung von Ebola-Infizierten eingesetzt werden darf. Brincidofovir (CMX001) ist ein Prodrug von Cidofovir (Vistide®), das bei uns zur Behandlung von Cytomegalievirus-Infektionen zugelassen ist.
Auch die Suche nach einem Impfstoff gegen Ebola läuft auf Hochtouren. Im westafrikanischen Mali ist eine klinische Studie mit cAd3-ZEBOV, einem Adenovirus-basierten Impfstoff, begonnen worden. 40 freiwillige Ärzte, Pflegekräfte und Helfer sollen daran teilnehmen. 

Nobelpreise vergeben. Der Amerikaner John O’Keefe und das norwegische Ehepaar May-Britt und Edvard Moser teilen sich den diesjährigen Nobelpreis für Medizin. Sie haben erforscht, wie es gelingt, sich mit sogenannten Koordinaten- oder Gitterzellen im Hippocampus räumlich zu orientieren und von A nach B zu gelangen.
Der deutsche Stefan Hell und die Amerikaner Eric Betzig und William Moerner erhalten den Nobelpreis für Chemie. Sie haben Methoden einer extrem hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie entwickelt, die der Mikroskopie neue Anwendungsgebiete erschlossen haben. 

Der Vollständigkeit halber: Der Nobelpreis für Physik geht an die Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für die Entwicklung blaues Licht emittierender Dioden, die helle und energiesparende Lichtquellen ermöglichen. Der Literatur-Nobelpreis geht an den französischen Autor Patrick Modiano. Den Friedens-Nobelpreis teilen sich die pakistanische Menschenrechtsaktivistin Malala Yousafzai und der indische Kinderrechtsaktivist Kailash Satyarthi für ihr Eintreten gegen die Unterdrückung von jungen Menschen und für deren Recht auf Bildung.

Arzneipflanze des Jahres 2015. Der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Uni Würzburg hat das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. 


Dr. Carolina Kusnick