Risiko ohne Zusatznutzen

Intrakranielle Stents erhöhen die Gefahr für einen weiteren Schlaganfall

Stuttgart - 10.10.2014, 15:55 Uhr


Da aus Fachkreisen immer wieder Stimmen laut werden, dass intrakranielle Stents, die nach einem Schlaganfall Restenosen verhindern sollen, eher den Geschäftsinteressen der Medizinproduktehersteller als der Gesundheit der Patienten dienen, hat der Gemeinsame Bundesausschuss das IQWiG beauftragt, den Nutzen der perkutanen transluminalen Angioplastie mit Stenteinlage (PTAS) zu bewerten.

Maßgeblich für die Bewertung der PTAS im Vergleich zu einer rein medikamentösen Behandlung war die durch das US-amerikanische National Institute of Health finanzierte SAMMPRIS-Studie. Sie ist die größte derzeit verfügbare Studie, die die Stenteinlage plus medikamentöse Therapie mit einer reinen Pharmakotherapie vergleicht und Informationen sowohl zu Sterblichkeit und Nebenwirkungen als auch zu weiteren Schlaganfällen liefert. Wie die Daten zeigen, erleiden Patientinnen deutlich häufiger einen erneuten Schlaganfall, wenn sie einen intrakraniellen Stent bekommen haben, als bei der alleinigen Gabe von Medikamenten. Dieser Unterschied war aber nur bei den hämorrhagischen, also durch Blutungen bedingten Schlaganfällen festzustellen, die oft binnen 30 Tagen nach dem Eingriff auftreten und durch die mechanische Manipulation beim Einlegen des Stents zustande kommen können. Bei den ischämischen Schlaganfällen hingegen, also bei denen, die durch eine erneute Verengung hervorgerufen werden, bestand dieser Unterscheid zwischen den beiden Gruppen nicht. Auch hinsichtlich der Sterblichkeit (Gesamtmortalität und zerebrovaskuläre Mortalität) zeigte sich kein relevanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen. Den Nachteilen stehen also keine Vorteile bei anderen Endpunkten gegenüber.

Die Interpretation der Ergebnisse wurde allerdings dadurch erschwert, dass die Medikamente nicht gemäß der deutschen Zulassung eingesetzt wurden: In beiden Gruppen erhielten die Patienten eine duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel. Diese Kombination wird zwar auch hierzulande bei KHK mit Vorhofflimmern eingesetzt, ist aber bei Schlaganfall nicht zugelassen, da sie bekanntermaßen das Blutungsrisiko erhöht. Daher ist es nicht auszuschließen, dass das Auftreten blutungsbedingter Schlaganfälle durch eine Wechselwirkung zwischen den Medikamenten und dem Einsetzen der Stents begünstigt wurde.

Trotz weiterer Unsicherheiten, die das Ergebnis verzerren könnten, wie der vorzeitige Abbruch der Studie, weil in der Stent-Gruppe deutlich mehr Todesfälle und Schlaganfälle aufgetreten waren, sieht das IQWiG dennoch in der Gesamtschau einen Anhaltspunkt für einen Schaden der PTAS  im Vergleich zur rein medikamentösen Behandlung.


Julia Borsch