Entwicklung neuer Arzneimittel

Zentrale Biobank für die Forschung

Berlin - 03.09.2014, 16:08 Uhr


Mithilfe menschlicher Stammzellen können Wissenschaftler testen, wie Patienten auf neue Medikamente reagieren und untersuchen, wie Krankheiten entstehen. Noch sind diese Stammzellen häufig nicht schnell genug und auch nicht in ausreichender Qualität und Menge verfügbar. Eine zentrale Biobank soll diese Lücke jetzt schließen. Aufgebaut wird sie vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in Zusammenarbeit mit 26 Partnern aus Wirtschaft und Forschung.

Seit einiger Zeit ist es möglich, durch Rückprogammierung Stammzellen, die noch alle Zelltypen des menschlichen Körpers bilden können, aus Gewebeproben erwachsener Menschen künstlich zu erzeugen. Dies sind die sogenannten pluripotenten Stammzellen, abgekürzt iPS-Zellen. Damit ist die Pharmaforschung nicht mehr auf die nur eingeschränkt verwendbaren adulten Stammzellen oder Primärzellen angewiesen – ebenso wenig wie auf moralisch bedenkliche embryonale Stammzellen.

Dr. Julia Neubauer vom IBMT erklärt: „In den letzten Jahren sind immer mehr lokale Biobanken entstanden. Keine davon erfüllt jedoch die Anforderungen von Pharmaindustrie und Forschungseinrichtungen: Diese benötigen die Stammzellen ‚Ready-to-use!‘. Das bedeutet in großer Zahl, konsistent charakterisiert, in ausreichender Qualität und systematisch katalogisiert.“

Und genau dies soll die neue zentrale „European Bank for induced pluripotent Stem Cells (EBiSC)“ bieten. Anfang des Jahres startete das Projekt zum Aufbau dieser Biobank für iPS-Zellen von Patienten mit spezifischen Krankheitsbildern (http://ebisc.org). Nach sechs Monaten Projektlaufzeit stehen bereits erste Zellen zur Verfügung, die zur Entwicklung neuer Medikamente genutzt werden können, meldet nun das IBMT. Ziel sei es, nach drei Jahren über 1.000 definierte und charakterisierte Zelllinien mit hundert Millionen Zellen anzubieten. Diese Größe sei nötig, da für ein einzelnes Wirkstoffscreening bereits mehrere Millionen Zellen getestet werden müssen.

Das Projekt ist technisch äußerst anspruchsvoll. Stammzellen müssen auf unter minus 130 Grad Celsius abgekühlt werden, damit sie über einen längeren Zeitraum überleben. Hierfür hat das IBMT bereits Technologien entwickelt. Sodann muss eine geschlossene Kühlkette gesichert sein, um Funktion und Haltbarkeit der Stammzellen zu bewahren. Die Wissenschaftler bewahren die Zellen in etwa 2x1 Meter großen Behältern, speziellen „Kryotanks“, auf. Ansonsten läuft alles automatisch: In der Biobank ist jedes Zellröhrchen mit Barcodes versehen, um sie nachverfolgen zu können. Die Proben werden auf einem Laufband zu den einzelnen Kühlbehältern transportiert. Ein Computer überwacht den gesamten Einfrier- und Lagerprozess.

An der Automatisierung der Zellkultivierung, also dem Vermehren der Zellen, arbeiten die Wissenschaftler gerade. Hier gibt es laut Neubauer zwei Ansätze: mit Robotern, die jede manuelle Bewegung in maschinelle umsetzen, oder in gerührten Bioreaktoren, in denen die Zellen frei beweglich optimal mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden. „Bis zum Ende des Projekts werden wir wissen, welche Methode sich am besten für unsere Zwecke eignet“, so Neubauer.


Kirsten Sucker-Sket