Nährstoffversorgung in der Schwangerschaft

Ausreichend Folsäure?

Stuttgart - 08.08.2014, 13:44 Uhr


Folat ist für den Menschen essenziell und muss als natürliches „Folat“ über die Nahrung oder als synthetische „Folsäure“ als Supplement zugeführt werden. Durch eine unzureichende Folat-Versorgung in der Frühschwangerschaft steigt das Risiko für Frühgeburten, Spontanaborte und Neuralrohrdefekte. Da es nicht einfach ist, die Folat-Versorgung nur durch Ernährungserhebungen zu beurteilen, bietet sich die Bestimmung der Folat-Konzentration im Serum oder in den Folat-speichernden Erythrozyten an.

Zwischen der Folat-Konzentration in den Erythrozyten schwangerer Frauen und dem Risiko eines Neuralrohrdefekts bei Feten gibt es einen indirekt proportionalen Zusammenhang: je niedriger der Folat-Spiegel, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Neuralrohrdefekts. Das ist das Ergebnis einer aktuell im BMJ publizierten Studie. Bei einer Konzentration von 500 nmol/l Folat in Erythrozyten traten durchschnittlich 25,4 Neuralrohrdefekte pro 10.000 Geburten auf, bei einer Konzentration von 1180 nmol/l war das Risiko eines Neuralrohrdefekts um mehr als 75 Prozent gesunken und lag bei sechs Fällen pro 10.000 Geburten. Die Folat-Konzentration in den Erythrozyten wurde am 28. Tag nach Befruchtung gemessen. Als Ergebnis der Studie wird ein Grenzwert von 1000 nmol/l vorgeschlagen, was sich mit den Erkenntnissen aus einer früheren Studie deckt.

Allerdings ist nicht bekannt, wie groß die Folat- bzw. Folsäure-Zufuhr sein muss, um diese Konzentration zu erreichen. In der Studie wurde die Messung in den Erythrozyten gewählt, was als Indikator für den langfristigen Vorsorgungszustand gilt, aber nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden kann. Die Bestimmung der Serumfolat-Konzentration hingegen ist einfacher und laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Parameter zur Beurteilung der Folat-Versorgung geeignet. In Deutschland finden aber keine routinemäßigen Bluttests zur Bestimmung des Folat-Spiegels bei Schwangeren statt. Eine Messung am 28. Entwicklungstag, wie in der oben genannten Studie, wäre aber ohnehin schon zu spät, da der Verschluss des Neuralrohrs normalerweise zwischen dem 22. und 28. Tag nach Konzeption stattfindet und ein Neuralrohrdefekt zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu verhindern ist.

Theoretisch kann der Bedarf allein über Folat-reiche Nahrung wie Gemüse und Vollkornprodukte gedeckt werden. Die DGE empfiehlt Frauen mit Kinderwunsch zusätzlich täglich mindestens vier Wochen vor Empfängnis bis zum Ende des 1. Trimenons 400 µg Folsäure zu substituieren. Da Neuralrohrdefekte in Deutschland mit ein bis zwei Kindern/1000 Lebendgeborene häufiger als im internationalen Vergleich vorkommen, wird eine Beimengungspflicht von Folsäure in Mehl, was z. B. in den USA und in Kanada gesetzlich vorgeschrieben ist, auch bei uns diskutiert.


Elisabeth Pfister/DAZ.online


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