USA: 150 Klagen gegen Boehringer

Pradaxa® wegen Blutungsrisiko unter Beschuss

Düsseldorf/Berlin - 12.12.2012, 10:27 Uhr


Dem Pharmahersteller Boehringer Ingelheim drohen Schadensersatzklagen in den USA. Wie der mit 13 Milliarden Euro Umsatz zweitgrößte deutsche Arzneimittelhersteller dem „Handelsblatt“ bestätigte, wurden 150 Klagen im Zusammenhang mit dem Blutverdünner Pradaxa® eingereicht.

Man betrachte die Klagen als unbegründet und sehe der Auseinandersetzung mit Zuversicht entgegen, zitiert die Zeitung einen Boehringer-Sprecher. Denn die Zulassungsbehörden in den USA wie auch in Europa haben Pradaxa® ausdrücklich ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bestätigt. Das Mittel liefere einen wichtigen Gesundheitsvorteil, wenn es wie vorgeschrieben eingesetzt werde, konstatierte die Behörde. Pradaxa® ist ein wichtiger Hoffnungsträger für Boehringer und dürfte 2012 mehr als eine Milliarde Euro Umsatz erzielen.

Das Problem ergibt sich aus der Wirkungsweise von Pradaxa® wie auch anderen neuen Blutverdünnern, darunter Xarelto von Bayer und Eliquis von Pfizer. Die Medikamente senken die Gerinnungsfähigkeit des Blutes und mindern dadurch das Risiko für Schlaganfälle bei Menschen mit bestimmten Herzrhythmusstörungen deutlich. Sie bergen aber wegen ihrer Wirkungsweise ein gewisses Blutungsrisiko. Diese Zusammenhänge sind seit langem bekannt.

Die Zulassungen basieren auf der Annahme, dass die Zahl der vermiedenen Schlaganfälle bei weitem höher ist als die Zahl gefährlicher Blutungen. Die neuen Mittel gelten als wesentlich einfacher zu handhaben als ältere Medikamente wie Warfarin oder Marcumar. Eine Analyse der US-Gesundheitsbehörde FDA zeige nach Angaben der Zeitung 1,6- bis 2,6-mal mehr Blutungsfälle bei dem älteren Gerinnungshemmer Warfarin als bei Pradaxa®.

In der Datenbank der EU wurden laut „Handelsblatt“ für Pradaxa® bis September 2012 rund 9.000 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen erfasst, davon gut 7.000 außerhalb Europas. Für Xarelto, das die Zulassung zur Schlaganfall-Prophylaxe erst ein Jahr später erhielt, lägen rund 5.000 Meldungen vor. Im Zusammenhang mit Xarelto sind nach Angaben von Bayer bisher aber keine Schadensersatzklagen in den USA bekannt.

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dpa-AFX/DAZ.online


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