Herzinsuffizienz

Startschuss für interdisziplinäre Studie

Berlin - 18.10.2012, 16:22 Uhr


Vor zwei Wochen ging es für die ersten Patienten, Apotheken und Ärzte los: Die PHARM-CHF-Studie ist im Saarland angelaufen. Das apothekenbasierte interdisziplinäre Programm für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz soll in den kommenden zwei Jahren wichtige Erkenntnisse bringen. Die Studienleiter Prof. Dr. Martin Schulz (ABDA) und Prof. Dr. Ulrich Laufs (Uniklinik Saarland) stellten es heute in Berlin vor.

Die chronische Herzinsuffizienz ist mit rund 2,8 Millionen Betroffenen eine der verbreitetsten Krankheiten in Deutschland und der häufigste Grund für Krankenhauseinweisungen älterer Menschen. Ein besonderes Problem: Viele Patienten nehmen ihre Arzneimittel nicht so ein, wie es ihnen verordnet wurde. Vor diesem Hintergrund hat sich die Studie PHARM-CHF (Pharmacy-based Interdisciplinary Program for Patients with Chronic Heart Failure) ein spannendes Ziel gesetzt: Kann ein kontinuierliches und interdisziplinäres Programm zur Verbesserung der Einnahmetreue und zur Verminderung von Arzneimittelrisiken die Krankenhausaufenthalte und die Sterblichkeit bei älteren Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz reduzieren?

Um das herauszufinden, werden ab jetzt bis voraussichtlich März 2014 insgesamt rund 2060 Studienteilnehmer rekrutiert. Zunächst im Saarland, dann geht es nach Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Sollten in diesen Ländern nicht ausreichend Teilnehmer gefunden werden, können auch andere Regionen einbezogen werden. Mitmachen können chronisch herzinsuffiziente Patienten, die 65 Jahre und älter sind, eine stabile Medikation haben (mindestens ein Diuretikum) und in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal wegen ihrer Erkrankung in einer Klinik waren. Es handelt sich um eine randomisierte kontrollierte Studie. Die Teilnehmer der Interventionsgruppe werden etwa 21 Monate, mindestens aber ein Jahr, intensiv von rund 300 Arztpraxen und ebenso vielen Apotheken begleitet. Die Kontrollgruppe bekommt dagegen die Standardbetreuung – wer hier eingeschlossen ist, bleibt der Apotheke unbekannt. Laufen wird die Studie voraussichtlich bis März 2015.

Das Programm basiert auf drei Komponenten: Zunächst wird die Gesamtmedikation erfasst. Schließlich ist selbst dem Hausarzt oft nicht bekannt, welche Arzneimittel einem Patienten zusätzlich von Fachärzten verschrieben werden und welche sie im Wege der Selbstmedikation einnehmen. Dann wird vom Apotheker ein Medikationsplan erstellt. Die Versorgung erfolgt sodann mit der verordneten, patientenindividuell gestellten Medikation in einer Dosierhilfe. Nicht zuletzt sind regelmäßige persönliche Kontakte zwischen Patient und Apotheker/Arzt vorgesehen. So muss der Patient jede Woche in die Apotheke kommen, um seine Wochenmedikation abzuholen. Zudem sollen diese Besuche für intensive Gespräche genutzt werden, erläuterte Schulz. Es wird nach der Einnahmetreue gefragt, nach möglichen Nebenwirkungen oder sonstigen Symptomen. Zudem werden Blutdruck und Puls gemessen.

Was die Studie so besonders macht: Sie fokussiert sich zwar auf Arzneimittel, bringt aber keine neuen Medikamente ins Spiel. An der ärztlichen Verordnung wird nicht gerüttelt. Es ist zudem die erste Studie weltweit, die den Effekt einer regelmäßigen interdisziplinären Maßnahme zur Verbesserung der Compliance auf den Patienten untersucht.

Apotheker wie Ärzte durchlaufen vor ihrer Teilnahme eine Schulung. Zudem erhalten sie ein Honorar. Für Apotheken sind dies pro Patient 100 Euro für den anfänglichen Aufwand. Im weiteren Verlauf kommen 50 Euro pro Quartal hinzu. Die Ärzte bekommen laut Schulz rund 300 Euro pro Patient über die gesamte Studiendauer hinweg. Laufs betonte, dass es sich dabei um eine „kleine Aufwandsentschädigung“ handele, die keinesfalls kostendeckend sei. Weder er noch die ABDA bekämen ein Honorar. Finanziert wird die Studie von der ABDA, der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe, der Apothekerkammer Nordrhein und der Lesmüller-Stiftung.

Apotheker und Ärzte, die sich für eine Studienteilnahme interessieren, finden weitere Informationen und Kontaktdaten unter www.pharm-chf.de.


Kirsten Sucker-Sket