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Fampridin verbessert Gehfähigkeit bei MS

19.09.2011, 11:12 Uhr


Fampridin (4-Aminopyridin oder 4-AP, Fampyra®) ist zur Verbesserung der Gehfähigkeit erwachsener MS-Patienten mit Gehbehinderung (EDSS, Expanded Disability Status Scale 4-7) zugelassen.

Fampridin hemmt selektiv spannungsabhängige neuronale Kaliumkanäle. Bei der Multiplen Sklerose wird die Myelinhülle der Axone so stark geschädigt, dass Kaliumionen aus den freiliegenden Kanälen austreten. Dadurch wird die Weiterleitung von Aktionspotentialen gestört. Fampridin blockiert die freiliegenden Kaliumkanäle, erhöht die Leitfähigkeit demyelinisierter Axone und verbessert damit die Signalübertragung.

Retardiertes Fampridin wird in einer Dosis von zweimal 10 mg pro Tag eingenommen. Es kann in Kombination mit allen Basistherapeutika oder auch allein angewendet werden. Nach der Einnahme wird Fampridin schnell und vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Der lipidlösliche Wirkstoff passiert leicht die Blut-Hirn-Schranke und wird größtenteils nicht an Plasmaproteine gebunden. Fampridin wird zu rund 90% unverändert über die Nieren ausgeschieden. Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung kann Fampridin kumulieren und wegen seiner engen therapeutischen Breite vermehrt zu unerwünschten Wirkungen führen. Bei Patienten, deren Nierenfunktion beeinträchtigt sein könnte, sollte deshalb die Nierenfunktion kontrolliert werden; bei Patienten mit leichter, mittelschwerer und schwerer Niereninsuffizienz ist Fampridin kontraindiziert.

In zwei multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Zulassungsstudien konnte Fampridin bei MS-Patienten unabhängig von der Dauer und Verlaufsform der MS die Gehgeschwindigkeit um 25 bis 26% verbessern. In beiden Studien sprachen bis zu 43% der MS-Patienten auf die Behandlung mit Fampridin an. Die Wirkung trat bei den Respondern nach rund zwei Wochen ein und hielt über die gesamte Therapiedauer an.

Das häufigste unerwünschte Ereignis waren Harnwegsinfekte bei etwa 12% der Patienten. Im Vergleich zu Placebo kam es außerdem vermehrt zu neurologischen Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Parästhesien, Tremor, Kopfschmerzen und Asthenie. Weil Fampridin Schwindel und Gleichgewichtsstörungen hervorrufen kann, kann in den ersten vier bis acht Behandlungswochen das Sturzrisiko erhöht sein; außerdem werden die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt.

Quelle: Fachinformation zu Fampyra®, Stand Juli 2011. 


Dr. Bettina Hellwig